Reaktion auf Beck-Attacke "Verrückte Zügellosigkeit"

Russlands Moral sei sauber - mit dieser Aussage hat Moskaus Bürgermeister den Angriff auf Grünen-Abgeordneten Volker Beck gerechtfertigt. Die Diskussionen um Rassismus im Land werden lauter.

Moskaus Bürgermeister Juri Luschkow hat das umstrittene Vorgehen gegen Teilnehmer einer Schwulen-Parade verteidigt und dafür moralische Gründe angeführt. "Unser Leben, unsere Werte und unsere Traditionen - unsere Moral ist auf jede Art und Weise sauberer. Der Westen kann etwas von uns lernen und sollte nicht dieser verrückten Zügellosigkeit Vorschub leisten", sagte Luschkow im Rundfunk örtlichen Agenturen zufolge. "Wir haben vielleicht eine Demokratie, aber wir leben in einem organisierten Land und in einer organisierten Stadt."

Er nahm Bezug auf Vorfälle vom Wochenende, als die Stadt eine Demonstration für Homosexuellen-Rechte auflöste. Sicherheitskräfte, militante orthodoxe Christen und Neonazis waren gegen die Demonstranten vorgegangen. Im Umfeld der Parade war auch der Grünen-Abgeordnete Volker Beck von Rechtsradikalen angegriffen und verletzt worden.

Zulauf von Neonazis

Ursprünglich wollten die Aktivisten Blumen am Grab des unbekannten Soldaten niederlegen, einem der heiligsten Plätze Russlands. Die Polizei schloss aber die Tore zum Park, in dem das Ehrenmal liegt. Sie nahm zahlreiche Menschen fest, darunter einige Dutzend Neonazis.

Die Diskussion um Rassismus in Russland und den Umgang mit dem Problem wurde durch einen bekannt gewordenen Vorfall angeheizt. Ein 19 Jahre alter Armenier wurde in einem Zug unweit von Moskau von einer Gruppe Jugendlicher erstochen. Die Täter riefen "Ehre für Russland". Es war die jüngste Tat in einer Reihe rassistisch motivierter Tötungen in russischen Städten. Opfer sind oft Menschen aus ehemaligen Staaten der Sowjetunion, weil sie meist durch ihre etwas dunklere Hautfarbe auffallen.

Präsident Wladimir Putin hat den Zulauf zu Neonazis seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion als nationale Bedrohung bezeichnet. Die Menschenrechtsgruppe Amnesty International indes hat der Regierung vorgeworfen, nichts gegen das Problem zu tun.

Die Grünen reisen zum CSD nach Warschau

Trotz des Angriffs auf Volker Beck wollen führende Grüne in Warschau für die Belange von Schwulen und Lesben eintreten. Anlässlich des traditionellen Christopher Street Days wollten die Fraktionschefin Renate Künast, die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth und Beck am 10. Juni nach Warschau reisen, bestätigte ein Fraktionssprecher in Berlin. Beck sagte dem Fernsehsender N24: "Am 10. Juni gibt es eine Demonstration in Warschau, die ist auch wieder verboten worden." Eine Teilnahme ließen die Grünen offen.

Russische Homosexuellen-Verbände kündigten unterdessen an, weiter für den Schutz ihrer Rechte zu demonstrieren. "Auch im nächsten Jahr werden die Schwulen und Lesben am 27. Mai in Moskau wieder Regenbogenfahnen als Symbol der Homosexuellen-Bewegung tragen", sagte Organisator Nikolaj Alexejew am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax. Der Tag sei für die Schwulen in Russland ein wichtiges Datum. An diesem Tag war 1993 das aus Sowjetzeiten stammende Verbot der gleichgeschlechtlichen Liebe unter Männern aufgehoben worden.

DPA · Reuters
Reuters/DPA