Die Schweiz und Österreich schließen sich der Nachbesserung der Reform voraussichtlich an. Die Kultusminister folgten mit ihrem Beschluss den Empfehlungen des Rates für Deutsche Rechtschreibung. Die Änderungen betreffen die Groß- und Kleinschreibung, die Getrennt- und Zusammenschreibung, die Zeichensetzung und die Worttrennung am Zeilenende. Während einer einjährigen Übergangsfrist sollen die Neuerungen bei der Notengebung noch nicht berücksichtigt werden. Formal müssen noch die Ministerpräsidenten den Änderungen zustimmen, was aber als sicher gilt.
Die Minister bezeichneten die Änderungen als gute und tragfähige Grundlage für die Fortentwicklung der Rechtschreibung. Zugleich äußerten sie die Hoffnung, dass auch die bisher kritisch eingestellten Teile der Öffentlichkeit die Nachbesserungen als Konsensangebot verstehen und die jetzt gültigen Regeln und Schreibweisen übernehmen. Insbesondere appellierten sie an alle Verlage und Publikationen, sich dem anzuschließen im Interesse der Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung. Der Mannheimer Dudenverlag teilte mit, die Neuregelungen würden in die am 22. Juli erscheinende 24. Auflage aufgenommen.
"Der gordische Knoten ist durchschlagen"
Vor der Entscheidung waren von mehreren Seiten Forderungen laut geworden, dass sich die Politik künftig aus der Regelung der Rechtschreibung heraushält. So erklärte Sachsen-Anhalts Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz, er stimme der nachgebesserten Reform auch deswegen zu, "weil damit der gordische Knoten durchschlagen und vielleicht auch das Elend beendet ist". Der Rechtschreibrat habe mit seinen Korrekturempfehlungen "eine ganze Menge Unsinn zurückgenommen".
Die Forschungsgruppe Deutsche Sprache (FDS) nannte die Einigung einen Diktatfrieden, der die Einheitlichkeit der deutschen Sprache auch nicht mehr herstellen könne. Diese Reform werde genauso schnell veraltet sein, wie alle ihre Vorgänger. Der FDP-Kulturpolitiker Hans-Joachim Otto nannte die Rechtschreibreform ein Fiasko und einen schlagenden Beweis dafür, "dass der Staat sich an der Sprache nicht vergreifen darf".
Neumann erleichtert
Kulturstaatsminister Bernd Neumann erklärte, die Korrekturen erzeugten "mehr Erleichterung als Freude". Das Unbehagen in der Bevölkerung an der Reform habe der Rechtschreibrat nicht aufheben können. Dennoch scheine eine ungeliebte Reform nach endlosen Debatten nun ihren vorläufigen Abschluss zu finden. Die brandenburgische Kultusministerin Johanna Wanka räumte ein, dass mit den Korrekturen ein Teil der "Unsinnigkeiten" der Rechtschreibreform zurückgenommen worden sei.
Auch der Vorsitzende des deutschen Philologenverbands, Heinz Peter Meidinger, bewertete die Reform der Reform positiv. Die österreichische Bildungsministerin Elisabeth Gehrer ließ erklären, die Reform werde voraussichtlich angenommen. Zunächst müsse ein innerösterreichischer politischer Konsens hergestellt werden. Die Schweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) wies Meldungen zurück, die Schweiz sei aus der Reform ausgestiegen. Ein Umfrageverfahren unter Lehrern solle die Akzeptanz klären.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
AP