Reformen Das große Finale

Bundestag und Bundesrat stimmen heute über die am Dienstag erzielten Kompromisse in der Sozialreform ab. Die eigene Regierungsmehrheit ist weiter ungewiss.

Bundestag und Bundesrat stimmen heute unter anderem über das Vorziehen der Steuerreform ab. Der Bundestag kommt eigens zu einer Sondersitzung zusammen, um über die am Dienstag erzielten Kompromisse in der Sozialreform abzustimmen. Anschließend wird sich sofort der Bundesrat damit befassen. Die Zustimmung beider Kammern gilt als sicher. Ein Großteil der Reformen könnte dann bereits zum 1. Januar in Kraft treten. Mit der Steuerreform sollen die Bürger um 15 Milliarden Euro entlastet werden.

Mit Spannung wird aber erwartet, ob die rot-grüne Koalition jeweils eine eigene Mehrheit hat. In der SPD-Fraktion signalisierten am Donnerstagabend nach Teilnehmerangaben etwa acht Abgeordnete Probleme bei der Zustimmung zu den schärferen Zumutbarkeitsregeln für Langzeitarbeitslose. Bei den Grünen wollten mindestens vier Abgeordnete dagegen votieren. Nach dem umstrittenen Passus des Kompromisses müssen Langzeitarbeitslose jede Arbeit annehmen.

Bei voller Anwesenheit können sich SPD und Grüne bei normalen Abstimmungen acht Abweichler leisten. Für einige Gesetze ist aber die Kanzlermehrheit aller gewählten Abgeordneten nötig, für die sich Rot-grün nur vier Abweichler erlauben kann.

Schröder ist kein Verlierer

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Müntefering und Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer warben in der ZDF-Sendung "Berlin Mitte" noch einmal für den Kompromiss. Beide äußerten Verständnis für die Probleme, die Abgeordnete mit einzelnen Passagen haben. Das Gesamtergebnis rechtfertige aber eine Zustimmung. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) forderte in der n-tv-Sendung "Maischberger" die Kritiker auf, ihr Votum nochmals zu überdenken. Er sagte aber zugleich: "Gerhard Schröder ist auch dann kein Verlierer, wenn er nicht die eigene Mehrheit bekommt."

CDU-Chefin Angela Merkel rechnet damit, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) die eigene Mehrheit bekommt. "Ich gehe davon aus. Er braucht sie, und er bekommt sie", sagte sie der "Welt". Zugleich rechne sie damit, dass im Bundesrat alle Unions-Länder für den Steuerkompromiss stimmen werden. "Ich habe keine Anzeichen dafür, dass es anders kommen wird", sagte Merkel.

Bundeshaushalt 2004 unklar

Auf der Tagesordnung des Bundesrates stehen zeitgleich weitere rot-grüne Reformvorhaben. Unklar ist, ob der nicht zum Reformpaket gehörende Bundeshaushalt 2004 ohne Verzögerung die Länderkammer passieren wird. Merkel ging am Donnerstagabend davon aus, dass der Bundesrat Einspruch einlegt. Andere Unionspolitiker aus den Ländern hielten es hingegen für möglich, dass der Haushalt angenommen wird. Stimmt der Bundesrat dagegen, führt dies lediglich zu Verzögerungen, da dieser Einspruch im kommenden Jahr von der absoluten Mehrheit im Bundestag wiederum überstimmt werden kann.

Laut einer Dimap-Umfrage im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) erwarten 44 Prozent der Befragten, dass sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland in den nächsten zwölf Monaten verbessert. 37 Prozent glauben an eine Verschlechterung.