Nach acht Verhandlungsrunden zwischen Gegnern und Befürwortern des Bahnprojekts Stuttgart 21 will Vermittler Heiner Geißler heute (Dienstag) seinen Schlichterspruch präsentieren. Am Vormittag erhalten zunächst beide Seiten jeweils 35 Minuten Zeit für abschließende Statements. Anschließend will Geißler sein Resümee vortragen. Das Schlusswort des 80-Jährigen ist allerdings nicht bindend.
Einige Optionen hat Geißler schon ausgeschlossen. Eine Volksabstimmung ist aus seiner Sicht aus rechtlichen Gründen unrealistisch. Auch ein Kompromiss gilt angesichts der verhärteten Fronten als unmöglich. Voraussichtlich wird Geißler Verbesserungsvorschläge für das 4,1 Milliarden Euro teure Bahnvorhaben vorlegen. Dieses sieht vor, den Stuttgarter Hauptbahnhof unter die Erde zu verlegen und mit der neuen Schnellbahntrasse nach Ulm zu verbinden.
Der baden-württembergische Grünen-Spitzenpolitiker Boris Palmer sagte der "Leipziger Volkszeitung" (Dienstag), schon ein verändertes Konzept wäre für seine Partei "zumindest ein Fortschritt, wenn auch kein Erfolg". Der Tübinger Oberbürgermeister hatte als einer der prominentesten Bahnhof-Gegner an der Schlichtung mitgewirkt. Er sagte der Zeitung weiter: "Meine Hoffnung ist jedenfalls, dass durch das Verfahren die Schwächen von Stuttgart 21 so offensichtlich sind, dass es keinesfalls unverändert weitergebaut werden kann." Für seine Partei gelte: "Ein wirklicher Erfolg ist nur, wenn das gemacht wird, was für den Verkehr am meisten bringt und am wenigsten kostet. Das ist unser Konzept des modernisierten Kopfbahnhofs."
Die FDP will als Reaktion auf die Auseinandersetzung um Stuttgart 21 Änderungen im Planungsrecht durchsetzen. "Wir müssen die Öffentlichkeitsbeteiligung verbessern und Planungen beschleunigen, damit die Entscheidung über ein Projekt und der Baubeginn nicht mehr so weit auseinanderfallen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Patrick Döring, der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag). Dazu müsse vor allem bei Großprojekten das Planungsrecht für Mediationen und Vermittlungsverfahren geöffnet werden. "Auch Volksabstimmungen vor der abschließenden Entscheidung über ein Projekt dürfen kein Tabu sein", sagte Döring.