Ab wann wird denn jetzt schwarz-gelb regiert? Wenigstens irgendwie regiert, das Wörtchen durchregieren wagt man bereits nicht mehr zu gebrauchen. Vor der Wahl war allenthalben groß die Rede von überfälliger Belebung des Wachstums. Von Steuersenkungen, von energischen Anstrengungen zur Sanierung des Staatshaushalts.
Und jetzt wird rundum geeiert. Die Kanzlerin scheint sich kaum noch daran erinnern zu können, was zu diesen Themen im Koalitionsvertrag immerhin vage verankert wurde. Ihre neue finanzpolitische Wunderwaffe Schäuble verlegt den Handlungstermin erst mal auf Mitte 2010. Flugs verwandeln sich die versprochenen Reformen im Kampf gegen Wirtschafts- und Finanzkrise in wohlfeile Absichtserklärungen. Nur keine klare Linie erkennen lassen, sich ja nicht so festlegen, dass man irgendwann des Wortbruchs überführt werden könnte.
Aber die finanziellen Löcher sind unübersehbar da. Jenes der Arbeitslosenversicherung wird wachsen, das des Krankenversicherungssystems ebenfalls. Irgendwo im neuen Bundeshaushalt muss gespart werden. Dass jetzt erst einmal damit gewartet wird, um bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen keine Wähler zu vergraulen, liegt auf der Hand. Auf keinen Fall und um keinen Preis will Schwarz-Gelb die Bundesratsmehrheit gefährden. 2011 wird dann in Baden-Württemberg gewählt. Und so weiter, und so weiter.
Eine Hand spendiert, die andere Hand nimmt
Der politische Ansatz stimmt einfach nicht. Milliarden-Defizite vor allem mit Steuersenkungen bekämpfen zu wollen, ist ein finanzpolitisch unsinniger Weg. Geradezu von politischer Trickserei muss man sprechen beim Blick auf den Versuch der neuen Regierenden in Berlin, die lauthals versprochenen Steuersenkungen zu Lasten der Länder und Kommunen zu realisieren. Wird von Berlin die Einkommensteuer gesenkt, sinken auch ihre Einnahmen, denn die Länder bekommen 42,5 Prozent und die Kommunen 15. Und dabei stecken sie bereits jetzt tief in den roten Zahlen. Und die Tendenz für die nächsten Jahre ist eindeutig: Bergab bei den Steuereinnahmen. Wird die Erbschaftssteuer herunter gefahren, trifft dies die Länder sogar alleine. Die Gewerbesteuereinnahmen werden ebenfalls unter dem Druck der weit reichenden Kurzarbeit zurückgehen.
Schon jetzt befürchten Länder und Kommunen zu Recht, dass die politischen Aktionäre im Bundestag sich mit Steuersenkungen schmücken wollen, für die sie dann bei den Bürgern den Kopf hinhalten müssen. Dann nämlich, wenn das Geld nicht mehr für Kindergärten, Polizei, Schulen und Straßenbau in den Gemeinden reicht. Das gesamte öffentliche Auftragswesen würde durch die Umsetzung der versprochenen Steuerpläne blockiert. Sollen denn die kommunalen Unternehmen künftig tatsächlich Mehrwertsteuer bezahlen, um der vollen Pleite der Stadtkassen irgendwie vorzubeugen? Spätestens dann werden die Bürger merken, dass ihnen mit der einen Hand sofort wieder genommen wird, was die andere angeblich großzügig spendiert.
Zu dem Eindruck, dass die neue Koalition ihre Geschäfte in dieser wichtigsten politischen Frage der Zukunftsbewältigung nur matt und schlapp antritt, passt dann auch haarfein, dass der neue Finanzminister Schäuble offenbar mit all den Beamten weitermachen will, die die Republik zu Steinbrücks Zeiten so in die Schulden geführt haben. Von Schuldenabbau verstehen die nichts, aber vom Schuldenmachen.