Bisher war es Privatsache, wenn ein deutscher Minister seine Ehefrau - oder im Fall des Außenministers Guido Westerwelle seinen Mann - zu einer offiziellen Auslandsreise mitgenommen hat. Stephanie zu Guttenberg durchbricht diese Regel nun. Sie will ausdrücklich nicht nur ihrem Ehemann, dem Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, zur Seite stehen, sondern repräsentativ tätig sein. "Stephanie zu Guttenberg will während des Aufenthaltes in Afghanistan ein Feldlazarett besuchen und sich vor allem mit deutschen Soldatinnen austauschen", teilte das Verteidigungsministerium mit.
Ein Ministeriumssprecher sagte am Montag auf dapd-Anfrage, Frau zu Guttenberg wolle stellvertretend für alle Angehörigen des Bundeswehrkontingents in Afghanistan und als Ehefrau des Verteidigungsministers in der Vorweihnachtszeit den Soldaten die besten Wünsche und Anerkennung für den schwierigen und gefährlichen Dienst überbringen. Sie möchte "ihre Solidarität als Gattin und Mutter" zum Ausdruck bringen und sich von der Situation der Soldatinnen ein eigenes Bild machen, fügte der Sprecher hinzu. "Das kommt bei den Soldaten prima an", sagte der Sprecher.
Er erinnerte daran, dass Stephanie zu Guttenberg am 30. November auch bei der Auszeichnung von Helfern der Familienbetreuungsorganisationen dabei war. In Afghanistan wolle sie ein Zeichen setzen, dass auch an die Angehörigen der Bundeswehrkräfte gedacht werde, die Weihnachten ohne Partner, Söhne oder Töchter verbringen müssten. Auch solle deutlich werden, dass bei dem Einsatz in Afghanistan "der Mensch zählt". Es sei ihr eigener Wunsch gewesen, ihren Mann zu begleiten, und sie zahle den Flug selbst, sagte der Ministeriumssprecher.
"Ein Politiker in der Familie reicht"
Die 34-jährige Ministergattin hat gerade erst in einem "Focus"-Interview auf die Frage, ob sie eines Tages in die Politik einsteige, geantwortet: "Oh nein. Ich bin keine Politikerin und möchte auch keine werden. Dafür bin ich viel zu ungeduldig und undiplomatisch. Außerdem finde ich: Ein Politiker in der Familie reicht." In Afghanistan sagte sie in deutsche TV-Kameras, ihr Besuch sei "eine Frage des Herzens".
Die Guttenbergs Seite an Seite in schusssicheren Westen bei den Soldaten in sandfarbenen Tarnuniformen - von diesem Bild gehen noch andere Signale aus. "Die Personalisierung von Politik schreitet sicherlich voran", sagte der Politologe Christian Tuschhoff von der Freien Universität Berlin am Montag im dapd-Interview. "Wir sehen das auch in Frankreich mit der Frau des Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, Carla Bruni."
Frau zu Guttenberg sei auch unabhängig von ihrem Mann tätig, vergleichbar den "Gattinnen von Bundespräsidenten", sagte Tuschhoff. Insofern habe ihr Besuch in Afghanistan "eher etwas präsidentiale Elemente". Für die Ehefrau des Bundespräsidenten ist es üblich, ihren Mann offiziell zu begleiten. So war Eva Luise Köhler auch mit Horst Köhler im Mai dieses Jahres auf Überraschungsbesuch bei der Bundeswehrtruppe in Afghanistan.

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Der Politologe Tuschhoff glaubt, dass der Guttenberg-Besuch bei den Soldaten in Afghanistan gut ankommt. Unter ihnen werde das Gefühl geäußert, es werde zu wenig gewürdigt, dass sie "für Deutschland die Kastanien aus dem Feuer" holen.
In zweiter Linie diene der gemeinsame Auftritt der Guttenbergs auch der politischen PR, sagte Tuschhoff. Amt und Image würden miteinander verwoben. "Man zeigt den Soldaten und der deutschen Öffentlichkeit: Hier haben wir einen jungen dynamischen Minister und seine Frau, die zusammen das Amt des Verteidigungsministers meistern." Der Politikwissenschaftler fügte hinzu, es werde heute wesentlich mehr Wert auf den Show-Effekt gelegt. "Die Bundesrepublik ist daran relativ arm, weil die Kanzlerin das nicht macht. Es gibt aber auch keine Tradition in dieser Beziehung."
"Powerpaar mit Glamour-Faktor"
In diesem Jahr haben Medien die Guttenbergs als "politisches Powerpaar mit Glamour-Faktor" in eine Reihe mit US-Präsident Barack Obama und seine Frau Michelle und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni gestellt und als politische Hoffnungsträger dargestellt. Das adelige Paar aus Bayern wurde als Leitfigur eines "modernen Konservatismus" ("Der Spiegel") bezeichnet. Dass Stephanie zu Guttenberg in ihrem Buch den "Sex-Chic" von Popstars wie Lady Gaga als fragwürdiges Leitbild für Mädchen kritisierte, hat ihr keine breite Zustimmung eingetragen.
Mit ihrem Engagement in der Kinderschutzorganisation Innocence in Danger geriet sie in die Schlagzeilen, weil diese die umstrittene RTL-2-Sendereihe "Tatort Internet - schützt endlich unsere Kinder" unterstützte. Seit einem Jahr ist sie Präsidentin der deutschen Sektion der Organisation. Sie fordert unter anderem eine striktere Anwendung der Gesetze gegen Täter und zur Vorbeugung solcher Straftaten.
Die Ururenkelin des Reichskanzlers Otto von Bismarck wurde am 24. November 1976 in München als Tochter von Andreas von Bismarck-Schönhausen und der schwedischen Unternehmerin Charlotte Kinberg geboren. Sie hat eine sprachliche, mathematisch-technische und ästhetische Begabung: Als Kind sprach sie Schwedisch, ehe sie Deutsch lernte, und sie spricht auch Englisch, Französisch und Italienisch fließend. Mit 18 traf sie den Jura-Studenten Karl-Theodor zu Guttenberg auf einer Party nach der Berliner Love Parade. Sie kannten sich schon vorher. Er verriet 2008 in der "Bunten", er habe sie einst "herzlich nicht gemocht". Als Studentin der Textilwirtschaft und Betriebswirtschaftslehre wurde sie im Februar 2000 die Braut des Freiherrn zu Guttenberg. In den Jahren 2001 und 2002 brachte sie ihre Töchter zur Welt.
Ihr erster Auftritt als Frau des Verteidigungsministers hat Aufsehen erregt: Sie hielt bei der Bambi-Verleihung an seiner Stelle eine Laudatio, weil er wegen des Wirbels um den Luftschlag von Kundus verhindert war. Sie forderte das Publikum auf: "Denken Sie sich einfach in den nächsten Worten Ihren Verteidigungsminister in dieses Abendkleid."