Das Bundesverfassungsgericht will den militärischen Einsatz der Bundeswehr im Inland zur Abwehr von Terroranschlägen grundsätzlich prüfen. Der Zweite Senat wolle die äußerst schwierige Frage nach einem Bundeswehreinsatz im Innern einer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Prüfung unterziehen, sagte der Senatsvorsitzende Andreas Voßkuhle zum Auftakt der mündlichen Verhandlung am Mittwoch in Karlsruhe.
Normenkontrollklage von Bayern und Hessen
Der Zweite Senat verhandelt eine Normenkontrollklage von Bayern und Hessen gegen das Luftsicherheitsgesetz. Bereits vor vier Jahren hatte der Erste Senat die Erlaubnis zum Abschuss entführter Flugzeuge für verfassungswidrig und die entsprechende Vorschrift im Gesetz für nichtig erklärt. Der Rest des Gesetzes gilt bis jetzt fort. (Az.:2 BvR 1/05). So ermächtigt es die Streitkräfte, Flugzeuge im Notfall abzudrängen, zur Landung zu zwingen, Waffengewalt anzudrohen oder Warnschüsse abzugeben.
Allerdings: Über den Kompetenzstreit zwischen Bund und Ländern wurde damals aber nicht entschieden. Das liegt in der Zuständigkeit des Zweiten Senats.
Der hessische Innenminister Volker Bouffier und sein bayerischer Amtskollege Joachim Herrmann betonten in Karlsruhe das Interesse der Länder an einer Klärung dieser Frage. Im Gefahrenfall müsse feststehen, wer für was zuständig sei, sagte der CDU-Politiker Bouffier. Der Bund hätte vor Verabschiedung des Luftsicherheitsgesetzes die Zustimmung des Bundesrates einholen müssen, das habe er unterlassen.
Urteil in drei Monaten
Bayern und Hessen greifen den 2006 geregelten Einsatz der Bundeswehr bei der Entführung von Passagiermaschinen an. Bei solch einem Einsatz der Bundeswehr handele es sich nicht um einen Verteidigungsfall, sondern um einen Einsatz im Innern, der eine Änderung des Grundgesetztes notwendig mache.
Voßkuhle kündigte am Mittwoch an, dass der Zweite Senat möglicherweise in einigen Punkten vom Urteil des Ersten Senats abweichen wird. Damit ist die Frage aufgeworfen, ob der Zweite Senat einen Bundeswehreinsatz zur Abwehr schwerer Terroranschläge schon jetzt vom Grundgesetz gedeckt ansieht. Der Senat sei sich der verfassungspolitischen Brisanz des Themas selbstverständlich bewusst, sagte Voßkuhle. Falls eine Grundgesetzänderung nötig wäre, sei das Sache der Politik und nicht die des Bundesverfassungsgerichts. Aber das Gericht habe die Aufgabe, die Grenzziehung durch die Verfassung im Hinblick auf den zu entscheidenden Fall auszuloten.
Der Vertreter der Bundesregierung, Joachim Wieland, bezeichnete das Luftsicherheitsgesetz als grundgesetzkonform. Es habe keine Zustimmungspflicht der Länder bestanden. Die Abwehr von Angriffen auf den Luftverkehr sei bereits vor dem Luftsicherheitsgesetz auf den Bund übertragen worden, argumentierte er. Das Urteil des Zweiten Senats wird in etwa drei Monaten erwartet.