Gleich zwei internationale Organisationen stellen die Bundesrepublik an den Pranger - wegen der hierzulande sehr undurchsichtigen Parteispendenpraxis.
Vergangene Woche war es die Staatengruppe gegen Korruption des in Straßburg residierenden Europarats (abgekürzt Greco "Groupe d'Etats contre la corruption), der auch Deutschland angehört. Am Montag folgte die OSZE in Wien. Beide kritisierten etwas, das hierzulande kaum einen zu stören scheint: Die geringe Transparenz des deutschen Parteispendenwesens.
Bis heute erfahren wir Bundesbürger nur die Namen derjenigen Parteispender, die pro Jahr mehr als 10 000 Euro an eine Partei gezahlt haben - und auch das erst mit bis zu zwei Jahren Verspätung. Die Regeln seien hier "eindeutig unangemessen", kritisiert der Greco-Bericht. Denn die Gesellschaft als Ganze habe so "keine echte" Chance, "irgend eine Art sozialer Kontrolle auszuüben".
Anders gesagt: wir Deutschen bleiben dumm. So können Konzerne mühelos vor der Bundestagswahl großzügige Spenden verteilen, doch die Bürger erfahren davon erst lange nach der Wahl und können die Information nicht mehr verwerten. Nur Großspenden ab 50 000 Euro müssen rascher publik gemacht werden. Diese Schwelle sei "übertrieben hoch" und "ungeeignet", um hinreichende
Transparenz zu schaffen, kritisiert Greco: "Die meisten anderen Länder in Europa haben die Veröffentlichungsschwellen sehr viel niedriger angesetzt."
Eigentlich sagt das Grundgesetz in Artikel 21, dass die Parteien "über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben" müssen. Dass die geltenden Regeln dem gerecht werden, kann man bezweifeln - auch wenn das Bundesverfassungsgericht dazu bisher immer seinen Segen gegeben hat.
"Dringenden" Reformbedarf sieht der Greco-Rapport auch bei den so genannten Abgeordnetenspenden - also den Geldern, die nicht an Parteien, sondern direkt an einzelne Volksvertreter fließen. Anders als die Parteien dürfen Abgeordnete Spenden komplett als Bargeld in Empfang nehmen. Der Geldkoffer lässt grüßen. Erst ab Summen von 5000 Euro erfährt selbst der Bundestagspräsident von den Zuwendungen. Verglichen mit den Sanktionen, die Parteien bei Falschangaben drohen, sei der Strafmechanismus für Bundestagsabgeordnete vage formuliert, die Regeln generell "eher lax".
Das ist aus Sicht der Straßburger Korruptionsbekämpfer umso besorgniserregender, weil auch die Abgeordnetenbestechung in Deutschland bis heute weitgehend straffrei geblieben ist. Nur der nackte Stimmenkauf ist ein Verbrechen. Wer mit dem Geldbündel in der Hand einen Abgeordneten dazu bringt, sich im Ausschuss für das eigene Unternehmen stark zu machen, hat keine Ermittlungen zu befürchten.
Es gebe in Deutschland nur "wenige legale Mittel", zweifelhaftes oder korruptives Verhalten von Parlamentariern "zu beschränken, zu kontrollieren und zu sanktionieren", kritisiert Greco. Die Öffentlichkeit könnte daher "den Eindruck" gewinnen, dass Teile der Gesellschaft nicht den gleichen Regeln unterliegen wie der Rest der Bevölkerung.

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"Problematisch" finden die Greco-Experten auch einen anderen Trend, der die Regeln zur Parteienfinanzierung zu unterlaufen droht. Zunehmend häufig ließen sich die Parteien mit Sponsoringzahlungen beglücken - wenn etwa Tabakkonzerne die Presselounge auf dem Parteitag finanzieren. Es sei "nicht völlig klar", wie das Parteiengesetz dieses Sponsoring regele.
Trotz dieser drastischen Worte hat die Schelte aus Straßburg bei uns kaum ein Echo gefunden. Außer Transparency International hat kaum einer darauf reagiert. Genauso wenig wie auf die Kritik der Wiener OSZE, also der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, der die Bundesrepublik ebenfalls angehört. Deren Wahlbeobachter urteilten vorgestern, Transparenz sei zwar offiziell ein Grundprinzip des deutschen Systems zur Parteienfinanzierung. Doch in der Praxis sei diese eher "begrenzt".