Wer aus der Sicht der TV-Zuschauerinnen und Zuschauern das Quadrell von stern, RTL und ntv gewonnen hat, war bereits kurz nach Ausstrahlung klar. Aber wie blicken deutsche Tageszeitungen und Magazine auf den Schlagabtausch? Wir haben einige ausgewählte Medienberichte zusammengestellt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)
Justus Bender schreibt für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ): "Im Großen und Ganzen werden AfD-Wähler zufrieden sein mit dem Auftritt von Alice Weidel – und AfD-Gegner werden sie weiterhin für unwählbar halten. Einen großen Moment, im Positiven oder Negativen, der den Wahlausgang entscheidend beeinflussen wird, enthielt das Rededuell nicht." Marlene Grunert, Korrespondentin bei der FAZ, meint: "Von der Energie, die Habeck am Dienstag in seiner letzten Bundestagsrede versprühte, war heute Abend kaum etwas zu spüren." Sie beschreibt ihn als "blass und wenig angriffslustig".
Monika Jaeger beschreibt Olaf Scholz als "angemessen wach und hin und wieder angriffslustig". Sie lobt den Kanzler auch: "Scholz ist und bleibt ein faktensicherer Politiker, der für sich in Anspruch nimmt, den Bürgern die Wahrheit zu sagen, vor allem bei Finanzierungsfragen." Allerdings: "Ein Signal des Aufbruchs, das sich offenbar viele Bürger wünschen, fällt ihm als Amtsinhaber schwer." Die Performance von Friedrich Merz schätzt die FAZ so ein: Er habe eine "solide Vorstellung geliefert, aber keine herausragende".
Der Spiegel
Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" lobt den Kanzler: Er scheine Friedrich Merz als Gegner zu brauchen, "um in Fahrt zu kommen". Allerdings: Scholz sei in den vergangenen Wochen schon angriffslustiger aufgetreten – seinen Umfragewerten habe das nichts genützt. Friedrich Merz sei der unauffälligste Kandidat in der Viererrunde gewesen: "Er muss einfach aufpassen, keine großen Fehler mehr zu machen." Robert Habeck sei über längere Strecken nicht vorgekommen, er sei nicht durchgedrungen. Ihm fehle außerdem die Angriffslust gegen Scholz und Merz. Alice Weidel habe isoliert gewirkt und hätte harten Widerspruch geerntet.
Süddeutsche Zeitung
Nicolas Richter von der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) schreibt, dass Alice Weidel weder mit ihrem Auftreten noch mit ihren Inhalten überzeugen konnte. Sein Kollege Johan Schloemann meint: "Friedrich Merz hat nicht gestrahlt oder 'gewonnen'". Immerhin habe er sich keine Blöße gegeben und wirkte rhetorisch kanzlerfähig. Vor allem eines sei klar geworden, schreibt eine Kollegin von ihm: Union, SPD und Grüne könnten nach der Wahl friedlich am Koalitionstisch sitzen – sie waren sich sehr einig in ihrer gemeinsamen Ablehnung der AfD.
Die Welt
Die Politik-Redakteurin Hannah Bethke ist in der Tageszeitung "Die Welt" geradezu begeistert von Olaf Scholz' Performance im Quadrell: "So wach und angriffslustig, mitunter sogar witzig, hat man ihn im Fernsehen zumindest selten gesehen." Bethke wendet aber ein: "Die Strategie von Scholz, Merz in die Nähe zur AfD zu rücken, brach im Laufe der Sendung dagegen in sich zusammen." Die Redakteurin stellt heraus, dass Friedrich Merz seine Aversion gegen Weidel und die AfD nicht deutlicher hätte zeigen können.
Tagesspiegel
"Tagesspiegel"-Herausgeber Stephan-Andreas Casdorff kommentiert ebenfalls, die Aggressivität des Kanzlers gegen die AfD habe zugenommen: "Diese Partei, in Teilen rechtsextrem, bringt ihn auf." Robert Habeck habe "vielleicht ein bisschen schwurbelig" geredet – aber er wisse, was er sagen will. Friedrich Merz habe den Eindruck wiedergegeben, dass die Union die ärgste Gegnerin der AfD sei. Alice Weidel sei bei der wichtigen Sachfrage zur illegalen Migration ausgewichen.