Angeblich hätten kritische Kritiker Frau Merkel diese Woche lieber in Europa gesehen statt in Afrika. Aber wenn mittlerweile 86 Prozent der Bundesbürger den Euro in Gefahr sehen, muss die Frage erlaubt sein: Was hätte die Präsenz von Frau Merkel bewirken sollen? Es gab keinerlei Sondergipfel. Und wenn es einen gegeben hätte, wäre nichts dabei herausgekommen. Das lässt sich empirisch belegen. Und die Regierungszeit ist zu kurz, um sie zu verplempern. Also machte sich die Kanzlerin auf ins ferne Afrika.
Die Prämisse war eindeutig: Zwischenmenschliche Kontakte mit Afrikanern hatte sie sich vorgenommen. Und zwar auf Augenhöhe. Wer das so auffällig betont wie Merkel, hat die Afrikaner wohl bisher weit unter Augenhöhe, wenn nicht gar nur knapp über der Gras- beziehungsweise Wüstensandnarbe wahrgenommen.
*
Wenn Merkel so einen Betriebsausflug in so heiklen Zeiten ansetzt, denkt sie sich natürlich was dabei. Vor allem vom Ende her. Also quasi andersrum. Ob Außenstehende das als invers oder diametral ansehen, ist ihr egal. Hauptsache zielführend. Da in Europa sämtliche alten Ziele mittlerweile abhanden und neue weder vorstellbar noch vermittelbar sind, muss eine deutsche Kanzlerin überlegen, wo noch irgendwelche Restmeriten lagern auf diesem Planeten. Denn die Endlagerung der EU soll nicht Merkels Problem sein. Deutschland braucht ein solides Bruttosozialprodukt, um auch fürderhin auf eine Regierung verzichten zu können. Merkel ist ein wacher, analytischer Geist. Dieser Frau muss nicht erst irgendein Feuilletonist auf Seite drei verquast erklären, dass sie zwar die Regeln der Politik verstanden hat, Politik und Regieren hingegen streng zu trennen vermochte. Sie weiß das. Und sie zieht seit dieser Woche die Konsequenzen daraus. Wobei sie durchaus einen gelungenen Probelauf für ihre geplante Metamorphose hingelegt.
*
Der Panzerdeal mit den Saudis ließ die Welt aufhorchen. Mussten früher noch windige Staatsekretäre und/oder Verfassungsschützer wie Pfahls oder schmierige Halbseidene wie Schreiber ran, um diffizile Deals einzufädeln, nimmt Merkel das neuerdings selber in die Hand.
Saudi-Arabien ist der ideale Einstieg in die Welt der Letalgerätschaften. Beim Araber ist eine missbräuchliche Anwendung des guten, alten Leopard 2 ausgeschlossen. Gerade Flächenstaaten wie Saudi-Arabien können Leichtfahrzeuge bei der Verkehrsüberwachung gut brauchen, weil gewöhnliche Autos doch sehr leicht versanden. Ein deutsches, zuverlässiges Kettenfahrzeug mit imposantem Phallussymbol animiert die Verkehrsteilnehmer auf betont subtile Art zum Einhalten der Tempolimits.
*

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
Dazu hatte Merkel eventuell auch sozusagen eine volkswirtschaftliche Dämmerung: Traditionelle Demokratien sind nicht nur klepto- bis kryptokratisch veranlagt, sondern auch noch in der Lage, viel zu große Budgets in Gedöns (O-Ton Schröder) wie Soziales zu versenken. Vernünftige Geschäfte sind nur noch mit Regierungen möglich, die von Haus aus einsehen, dass mit dem Pack namens Volk kein Staat zu machen ist. Merkel hat sich dieser Tatsache gestellt und entsprechend umdisponiert. Auf Auslandsreisen nimmt sie keine Regierungsdelegation mehr mit, sondern ein Wirtschaftsgeschwader. Es hat sich auch herausgestellt, dass die Gewinnspannen auf Unterhaltungselektronik viel mickriger sind als bei der Nihilierungstechnik. Speziell in Afrika sind diese Ballerspiele ohnehin nicht so angesagt wie echtes Kombattantentum. Moralische Bedenken braucht Merkel nicht zu haben. Sie fühlt sich seit geraumer Zeit wie eine Kanzlerin a.D. Statt politischer Wertschöpfung strebt sie nach der ökonomischen.
*
Da kommen Teilzeitpazifisten wie der angolanische Oberstammesregierungshäuptlingspräsident gerade recht mit ihrem Wunsch nach schweren Geschützen. Größere Waffendeals mit diversen afrikanischen Republiken sind somit von Merkels Gnaden vertretbar. Auch unter Einbeziehung des demographischen Aspektes. Der Mensch an sich ist nämlich auf dem afrikanischen Kontinent quasi ein reichlich nachwachsender Rohstoff aus Sicht der Politik. Deutsche Waffen können da allenfalls zu einer minimalen temporären Reduzierung der Bevölkerung beitragen. Wenn nun gleichzeitig auch noch Entwicklungshilfe für die darbende Masse geleistet wird, schafft Merkel den perfekten Wirtschaftskreislauf, in dem deutsches Geld zur Schaffung von Kanonenfutter beiträgt. Und in den Geschichtsbüchern wird mal zu lesen sein: Merkel war zwar nicht die Retterin des Euro, aber die Mutter aller Panzerfäuste.