Die Frage der Woche lautet: Sind niedrige Zinsen nun gut oder schlecht? Wenn ja, warum nicht? Und vor allem für wen? Finanzminister Schäuble gilt als eine Mischung aus fiskalischem Zenmeister und Hohepriester des Negativzinses. Bundespräsident Wulff dagegen gilt nur noch als zinsbedingtes Negativum. Und der Versuch, niedrige Zinsen in hohe Bonusmeilen zu transformieren, darf als gescheitert bezeichnet werden. Denn ein Schäuble, der stets das Wohl des Volkes im Hinterkopf hat, fragt sich tagtäglich: Cui bono? Der oberste Leitgedanke von Wulff scheint zu lauten: TUI Maschi! Das Volk, einst Souverän, hat souverän entschieden: Je öffentlicher die Schulden, umso niedriger das Zinsniveau bitte. Und natürlich genau das Gegenteil für private Schulden. Hier schleicht sich natürlich auch gleich ein ziemlich schelmischer Gedanken ein. Angenommen, die BW-Bank hätte Wulff einen überteuerten Kredit gegeben. Dies wäre zu rechtfertigen gewesen durch die prekäre Lage der Wulffs: Kein Haus, keine Kohle, aber eine Frau Wulff, die keinen Bock auf Sozialwohnung und kik-Klamotten hat. Ein sogenannter Risikoaufschlag wäre da das natürlichste auf der Welt gewesen. Nichts anderes müssen die Finanzminister in Spanien und Italien und ab kommender Woche auch in Frankreich widerwillig akzeptieren.
Wie hätte wohl die deutsche Öffentlichkeit diese Message verstanden?
Sie hätte Wulff einen abgebrannten, misstrauenswürdigen Desperado gescholten. Wulff wäre nicht mehr Repräsentant des Bundesadlers, sondern des Pleitegeiers gewesen. Es gibt zwar keinerlei Beweise, dass sogar Schäuble persönlich den Wulffs zu einem Billigkredit geraten hätte. Aber qua Amt hätte Schäuble das eigentlich tun müssen. Je niedriger die privaten Ausgaben der Familie Wulff, umso niedriger die Bereitschaft, Mittel des Bundes zu strapazieren. Hinzu kommt: Was soll sich eine Bank, die einen finanzmaladen Ministerpräsidenten mit Paradieszinsen über Wasser hält, denken, wenn eben jener auf einmal eine Schweinegeld raushaut für Langstreckenflüge? Beide Wulffs sind von stattlicher Länge. Ein Flug in der Holzklasse führt da unweigerlich zu orthopädisch heiklen Dauerkonstellationen, die schlussendlich vom umlagefinanzierten Gesundheitssystem zu stemmen wären. Es liegt also auf der Hand und in den Knochen, dass die Familie Wulff Luxusklasse benötigte, ohne die Ausgabenseite überdurchschnittlich zu strapazieren. Hinzu kommt noch ein weiterer makroökonomischer Aspekt: Durch den Niedrigstzins wurden die Erlöse der Bank geschmälert. Das wird seltsamerweise nirgendswo gewürdigt.
Der Wulff, der fliegt!
Schließlich erlebt die Welt eine Staatsschuldenkrise, die zuvor eine Bankenkrise war. Weil nämlich die Banken gar nicht mehr wussten, wohin mit dem ganzen billigen Geld. Ein Kredit zu Normalkonditionen hätte aber die Wulffs womöglich in die Privatinsolvenz getrieben. Was wiederum Tür und Tor geöffnet hätte für die Mutmaßung, der Posten des Bundespräsidenten sei ein diffizil gehebelter Ein-Euro-Job. Während also der wulffsche Zinshebel stramm nach unten ausgerichtet war, wurden die Bonusmeilen nach oben gehebelt. Mit normalen Fluggewohnheiten wären nämlich diese dekadenten Upgrades nicht möglich gewesen. Da hätte Wulff im Prinzip ab Erlangung der Mittleren Reife zweimal wöchentlich die Strecke Hannover-Sydney via Bogota fliegen müssen. Mit einem sogenannten Aviation-Derivat konnte Wulff jedoch sein Meilenkonto turboartig anschwellen lassen. Analog zu den als CDS bekannten Credit Default Swaps gibt es nämlich auch BDS (Businessclass Default Swaps). Wer so etwas zeichnet, kann zum Beispiel rückwirkend ab 1980 bei der Lufthansa Meilen sammeln, obwohl das Meilenprogramm erst seit 1993 existiert. Wer die Upgrades nicht nutzt, kann sich die Prämien auch anderweitig auszahlen lassen. Beliebt sind zum Beispiel auch anwaltliche Leistungen mit dem Ziel, die Medienwelt komplett zu verwirren.
Die komplette Verwirrung gelang dieser Tage allerdings auch Finanzminister Schäuble. Er leiht sich nur noch Geld für Deutschland, wenn dabei auch etwas herausspringt. Damit ist auch endlich Schluss mit der Mär, hohe Staatsschulden seien Teufelszeug. Nicht die Schulden, sondern die Zinsen können einen Staat ruinieren. Mit dem Trend zum Negativzins hat der Finanzminister wirklich den Vogel abgeschossen. In Zukunft gilt die Devise: Je höher die Staatsverschuldung, umso reicher ist Deutschland. Es wird kolportiert, dass Schäuble ungefähr zwei Promille Reibach machte bei einer Anleiheaktion. Wenn die Verschuldung derzeit bei zwei Billionen Euro liegt, müsste Schäuble also neue Schulden in Höhe von nur 1000 Billionen Euro machen, um Deutschlands Schulden los zu werden. Statt sich darüber zu freuen, macht sich aber Deutschland lieber Gedanken, wie man den Bundespräsidenten loswird. Bleibt nur zu hoffen, dass sich Wulff rechtzeitig mit President Default Swaps eingedeckt hat.