Wir müssen alle politisch umdenken. Und zwar ganz gründlich: Es sind nämlich nicht die Sozen, die keine Ahnung vom verantwortungsvollen Umgang mit unserem Steuergeld haben. Es sind die Schwarzen, die sich anschicken, meisterhaft nachlässig rote Zahlen im Umgang mit der Staatskasse zu produzieren. Und noch etwas müssen wir lernen: Dass die Republik in der Person Angela Merkel eine Kanzlerin hat, die unablässig davon spricht, sie mache keinen Wahlkampf auf Kosten der Steuerzahler, und schon gar nicht neige sie zu lockeren Versprechen, um sich die Gunst der Wähler zu erhalten. In Wahrheit plant die CDU-Vorsitzende, Milliarden mit vollen Händen rauszuhauen, um sich an der Macht zu behaupten.
Man betrachte in diesem Zusammenhang eine andere frische Meldungen zur Fiskalpolitik. Da erklärt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Geld für Ausgabenwünsche sei nicht in der Staatskasse. Sein Kurs sei, beteuert er strengen Blicks, keine neuen Schulden aufzubauen und die alten endlich abzubauen. Ab 2015 mache er endlich ernst mit der seit Jahren wortreich versprochenen Schuldentilgung. Und ihm gegenüber baut sich die Kanzlerin gleichzeitig als Lichtgestalt des Wahlkampfs auf, die offenbar keine Hemmungen hat, CDU-Wahlgeschenke in Höhe von rund 30 Milliarden zu versprechen.
Zieht Schäuble da mit?
Man kann das Geplauder Merkels nicht ernst nehmen. Da will sie den steuerlichen Grundfreibetrag für Kinder so hoch ansetzen wie für Erwachsene, zudem das Kindergeld um 35 Euro pro Monat erhöhen. Das kostete, wird es tatsächlich umgesetzt und nicht nur dem Volk als Köder hingeworfen, 7,5 Milliarden Euro. Was sich die Bürger jedoch vor allem merken sollten: Familien haben demnächst einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz, damit Frauen Beruf und Familie besser vereinbaren können. Doch diese Plätze fehlen immer noch vieltausendfach in der Republik, auch weil es an Geld fehlt. Parallel dazu verspricht die Kanzlerin, dass künftig bei der Rente von Müttern alle Kinder gleich viel wert sein sollen, und nach 1992 Geborene bei der Rente nicht besser gestellt werden als Kinder, die in früheren Jahren auf die Welt gekommen sind. Das wäre in der Tat eine wünschenswerte Kurskorrektur, leider kostet sie allein schon 13 Milliarden Euro. Hat Merkel denn vergessen, dass ihr Schäuble erst unlängst gesagt hat, dafür habe er kein Geld in der Kasse?
Und weil Merkel schon so viel Spaß am Ausgeben von Geld hat, das sie gar nicht besitzt, verspricht sie gleich auch noch, Milliarden in bessere Straßen und Schulen zu investieren – ein bis zwei Milliarden im Jahr in den nächsten vier Jahren. Wie das bezahlen? Dafür dürfte es nur Euros geben, die zuerst von den Autofahrern als Maut auf der Autobahn eingetrieben werden. Noch absurder ist der Gedanke, eine Mietbremse in den Wohnungsmarkt über ein neues Mietrecht einzuführen. Dass die Wohnungswirtschaft nach einer solchen Aktion noch weniger in neue Bleiben investieren könnte, ist absehbar. Also würde der Kampf um Wohnraum in den Ballungszentren noch brutaler.
Mangel an Glaubwürdigkeit
Was die Wahlversprechen der Kanzlerin bewirken sollen, ist glasklar: Sie will der SPD den Ruf als Partei der sozialen Gerechtigkeit streitig machen. Um jeden Preis. Auch um den, dass sie soziale Absicherung verspricht, für die es kein Geld gibt. Das ist Veräppelung der Wähler in Reinkultur. Vielleicht erinnern sich die Bürger an die Taktik von 2009: Da hat die Union eine große Steuerreform versprochen, die nie gekommen ist. Das Wort "Mehr Netto vom Brutto" war eine glatte Lüge. Auch eine Reform des Pflegesystems für Ältere wurde versprochen und nicht umgesetzt.
Ihre wahlpolitische Glaubwürdigkeit könnte die CDU nachhaltig verbessern, wenn sie im Wahlkampf nicht nur teure Geschenke verteilen würde. Ein Weg für die Kanzlerin, um zu einem Hauch Glaubwürdigkeit zu kommen, wäre etwa die Einführung einer Reichensteuer für hohe Einkommen. Das zu fordern, wäre dann kein reiner Populismus.