Zapfenstreich für Köhler Ein Präsident kriegt den Blues

Auch bei seinem Abschied schwieg Horst Köhler über die Gründe für seinen Rücktritt. Ein letztes Mal bekam das Staatsoberhaupt a.D. das ganz große Protokoll - mit einen ganz speziellen Musikwunsch.

Mit Großen Zapfenstreichen haben die Musiker der Bundeswehr inzwischen eine gewisse Erfahrung. Am Dienstagabend spielte das Stabmusikkorps schon wieder zum Abschied auf - bereits zum dritten Mal seit Beginn der schwarz-gelben Koalition. Erst ging der Verteidigungsminister, dann der Generalinspekteur und jetzt der Bundespräsident. Und jedes Mal hatte der verfrühte Abschied etwas mit dem Afghanistan-Einsatz zu tun.

Im Unterschied zu den beiden anderen Fällen gibt der Rücktritt von Horst Köhler den meisten in Berlin immer noch Rätsel auf. Viele zweifeln weiterhin daran, dass tatsächlich die Kritik an seinen Äußerungen zu den Auslands-Einsätzen der Bundeswehr der Grund dafür war. Das Staatsoberhaupt a.D. lieferte aber auch bei seinem letzten Auftritt im Schloss Bellevue keine weiteren Erläuterungen.

Ungeachtet des merkwürdigen Rücktritts bekam Köhler einen ordentlichen Abschied mit ganz großem Protokoll. Zunächst gab er im Schloss einen letzten Empfang. Neben Familie, Freunden und Weggefährten waren auch die Vertreter der anderen Verfassungsorgane dabei: die Kanzlerin - sogar mit Ehemann -, ebenso der Vizekanzler, der Bundestagspräsident und Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen als vorübergehendes Staatsoberhaupt.

"Ich packe meinen Koffer und mache mich aus dem Staub"

Damit sollte wohl auch Gerüchten entgegengetreten werden, der populäre Präsident sei von den Parteien aus dem Amt getrieben worden. Vor den 200 geladenen Gästen sagte Köhler nur so viel: "Zu den Gründen meines Rücktritts habe ich mich bereits geäußert. Dem ist von mir nichts hinzuzufügen. Ich habe die Entscheidung getroffen, die ich für richtig hielt und weiterhin für richtig halte."

Der versammelten Prominenz gab er noch mit auf den Weg: "Respekt und Wahrhaftigkeit sollten in der Politik unseres Landes einen festen Platz behalten." Und wie beim Rücktritt einen halben Monat zuvor schloss er mit den Worten: "Es war mir eine Ehre, Deutschland zu dienen."

Als es draußen schon dunkel wurde, kurz vor 22 Uhr, begann draußen im Garten der eigentliche Abschied. Für den Großen Zapfenstreich hatte sich Köhler drei Stücke ausgesucht: zwei Märsche und den "St. Louis Blues", einen Jazz-Klassiker. Dessen Anfangszeile lautet: "Ich hasse es, die Abendsonne untergehen zu sehen" ("I hate to see that evenin' sun go down"). Deutlicher wird es am Ende der ersten Strophe. Dort heißt es: " Ich packe meinen Koffer und mache mich aus dem Staub." Doch viel mehr Hinweise auf seine Gefühlslage leistete sich Köhler auch an diesem Abend nicht.

Gruppenfoto mit alten Mitarbeitern

Schon am Morgen hatte sich der Ex-Präsident bei den Mitarbeitern für die "wunderbare Unterstützung" bedankt, die ihm in sechs Jahren zuteil geworden sei. Anschließend gab es noch ein Gruppenfoto. Den Mitarbeitern, deren Arbeitsverträge an ihn persönlich gebunden waren, machte Köhler mit den Worten Mut, er hoffe für alle auf eine "gute Lösung". Zudem bekam jeder noch ein Bild des ehemaligen Chefs, auf dem der eigene Name eingraviert ist.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Um die eigene Zukunft muss sich der neunte Bundespräsident keine großen Sorgen machen. Köhler bekommt das gleiche Gehalt wie bisher. Derzeit sind das 199.000 Euro pro Jahr als "Ehrensold". Zudem hat er das Recht auf ein eigenes Büro, Dienstwagen, Büroleiter und persönliche Sekretärin. Die Dienstvilla muss er räumen. Die Köhlers haben aber noch eine Privatwohnung in Charlottenburg.

DPA
DPA