ZUWANDERUNGSGESETZ Druck auf Rau ist »unanständig«

Im Streit um das Zuwanderungsgesetz hat der Grünen-Rechtsexperte Beck den Druck der Union auf Bundespräsident Rau als »unanständig« bezeichnet. CDU-Chefin Merkel bekräftigte, die Zuwanderung werde zum Wahlkampfthema.

Der Druck von CDU und CSU auf Bundespräsident Johannes Rau, das Zuwanderungsgesetz nicht zu unterzeichnen, ist nach Ansicht des Grünen-Rechtsexperten Volker Beck »unanständig«. Der Bundespräsident prüfe das ordnungsgemäße Zustandekommen eines jeden Gesetzes. »Dazu braucht er keine Aufforderungen und Ratschläge«, kritisierte Beck am Sonntag in Berlin.

Drohung an Bundespräsidenten Unverschämtheit

»Die Drohung an den Bundespräsidenten, wenn unterzeichnet wird, wird geklagt, ist eine Unverschämtheit«. Für den Bundespräsidenten müsse es für die Unterzeichnung eines Gesetzes unerheblich sein, ob dagegen geklagt werden solle. »Er prüft und unterzeichnet oder verwirft nach objektiven Kriterien und nicht nach der Presseerklärungslage in irgendwelchen Parteizentralen«, sagte Beck.

»Eine billige und abgesprochene Inszenierung«

Das Zustandekommen des Gesetzes steht für Beck außer Frage. »Brandenburg hat schließlich auf Nachfrage einheitlich seine Stimmen abgegeben.« Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) habe »sich selbst zu einer Witzfigur einer Schmierenkomödie gemacht. Sein begrenztes Aufbegehren war kalkuliert und auf Gehorsam gegenüber (Unions-Kanzlerkandidat Edmund) Stoiber und auf Machterhalt in Brandenburg ausgerichtet.« Die Aufregung bei der Union sei »eine ebenso billige wie abgesprochene Inszenierung«.

Merkel attackiert Schröder

CDU-Chefin Merkel griff unterdessen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) persönlich an und warf ihm vor, eine Verfassungskrise in Kauf genommen zu haben. »Dieser Kanzler stellt Partei und Person über den Staat«, sagte Merkel der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«. Schröder breche nicht nur seine Versprechen, sondern auch das Grundgesetz.

Machterhalt und Parteitaktik

In der Öffentlichkeit setze sich der Eindruck fest, dass dem Bundeskanzler die verfassungsmäßige Ordnung weniger wichtig sei als persönlicher Machterhalt und Parteitaktik. Dies sei bei Schröders Reaktion auf die Kritik der EU am deutschen Haushaltsdefizit, beim Streit über die Finanzierung des Militär-Airbusses A 400 M und bei der Bundesrats-Abstimmung zur Zuwanderung der Fall gewesen.

Union droht mit Klage

In der Abstimmung der Länderkammer hatte Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) das Votum Brandenburgs als Zustimmung bewertet, obwohl Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und sein Stellvertreter Jörg Schönbohm (CDU) unterschiedlich abgestimmt hatten. Nach Ansicht der Union hätte Brandenburgs Votum als ungültig eingestuft werden müssen. Sollte Bundespräsident Johannes Rau das Gesetz unterzeichnen, will die Union beim Bundesverfassungsgericht Klage einreichen.