Es ereigne sich immer um 9.30 Uhr und noch einmal um 16.30 Uhr. Seit Donald Trumps Amtsantritt im Januar 2017 stelle das Organisationsgremium der Republikaner (RNC) zwei Mal am Tag jeweils einen Ordner für den US-Präsidenten zusammen, wie "Vice News" berichtet. Es soll sogar eine Herzensangelegenheit des ehemaligen Pressesprechers Sean Spicer und des geschassten Stabchefs Reince Priebus gewesen sein, die gesammelten Papiere - in der Regel 20 bis 25 Seiten - dem Präsidenten persönlich zu überreichen.
Allerdings nicht aus Sicherheitsgründen. Denn um sensible Papiere handele es sich nicht. Stattdessen bekomme der US-Präsident zwei Mal am Tag die positivsten Beiträge über sich serviert. "Vielleicht ist es besser für das Land, wenn Donald Trump bereits am Morgen gute Laune hat", scherzt ein ehemaliger RNC-Mitarbeiter dem Magazin.
Von bewundernden Tweets über wohlwollende Zeitungsartikel bis hin zu lobenden Fernsehbeiträge - der Medien-Suchtrupp des RNC sammele alles, was er an positiven Wortmeldungen zu Trump in die Hände bekommt. Schon das sei manchmal schwer genug, daher würden auch hin und wieder Schnappschüsse von Trump in starker Pose in die Sammlung finden. Im Weißen Haus kursiere bereits das geflügelte Wort der "Propaganda Dokumente", berichten Insider. Denn mit einem klassischen Pressespiegel hätten diese Papiere nichts zu tun. "Wenn wir Präsident Barack Obama solche Ordner vorgelegt hätten, wäre er in schallendes Gelächter ausgebrochen", sagt David Axelrod zu "Vice News". "Seine Präsidentschaft basierte auf der Realität." Als ehemaliger Mitarbeiter unter Obama muss er das sagen. Weit hergeholt erscheint seine These aber nicht.
"Es war Selbsterhaltung" vor Donald Trump
Warum bekommt Donald Trump also diesen Ego-Boost? Angeblich haben Sean Spicer und Reince Priebus die Idee entwickelt. Sie wollten sich eine weitere Daseinsberechtigung installieren und der überwiegend unliebsamen Berichterstattung (Stichwort: "Fake News") entgegensetzen: Mit uns im Team gibt es auch gute Schlagzeilen. "Priebus und Spicer waren in keiner guten Position und wollten zeigen, dass sie für positive Berichterstattung sorgen können", zitiert "Vice News" einen ehemaligen Mitarbeiter im Weißen Haus. "Es war Selbsterhaltung."
Wie sich gezeigt hat: Geholfen hat es beiden nicht - Spicer ist als Pressesprecher fast-freiwillig zurückgetreten, Priebus wurde entlassen. Seitdem bekomme der US-Präsident die "Propaganda Dokumente" auch schon mal unregelmäßig, berichtet das Magazin.
Spicer wollte sich auf Nachfrage von "Vice News" nicht dazu äußern. Man kommentiere Dokumente nicht, die mit dem Präsidenten geteilt werden. "Das ist nicht richtig auf ganz vielen Ebenen", wird er zitiert. Auf die Frage, was daran nicht richtig sei, habe er nicht mehr geantwortet.
Auch das Feedback vom US-Präsidenten selbst fällt scheinbar übersichtlich aus. Das einzige, was der US-Präsident zu den geballten Lobhudeleien gesagt haben soll, sei: "It needs to be more fucking positive" - es muss verdammt noch mal positiver sein.