Spitzenkandidat der AfD Dieser Rechtsextremist will Brandenburg regieren: Wer ist Hans-Christoph Berndt?

Hans-Christoph Berndt
Hans-Christoph Berndt, Spitzenkandidat der AfD in Brandenburg
© Monika Skolimowska / DPA
Er ist rechtsextrem, Verschwörungstheoretiker und AfD-Spitzenkandidat in Brandenburg: Hans-Christoph Berndt will Ministerpräsident werden – mit teils menschenfeindlichem Programm.

Der Mann ist unauffällig: die Haare kurz und grau, die Brille dezent, die Statur schmächtig. Auf den ersten Blick der Typ überkorrekter Oberstudienrat. Eher zurückhaltend, das Lächeln wirkt freundlich, wenn auch häufig aufgesetzt. Wenn Hans-Christoph Berndt aber an ein Rednerpult oder vor eine Kamera tritt, wandelt sich seine Mimik. Sie erstarrt, wird kalt, empathielos. Dann ist er nicht mehr der nette Herr Berndt von nebenan. Dann zeigt er, wie er denkt. Jeder Satz ein Vorwurf – an die Ampel, an die Ausländer, an die, die seiner Meinung nach "das eigene Volk" verraten. 

Berndt ist Spitzenkandidat der AfD in Brandenburg. Er will Ministerpräsident werden, damit sich die Politik endlich wieder "um die eigenen Leute" kümmert, wie er es nennt. Der Verfassungsschutz stuft ihn als Rechtsextremisten ein, was ihm nicht gefallen kann. Es passt nicht zum Image des volksnahen Politikers. "Abteilung Fünf des Innenministeriums" ist sein Mantra geworden in den letzten Tagen vor der Landtagswahl. Der Verfassungsschutz sei als "Abteilung Fünf" dem Innenministerium unterstellt. Eine weisungsgebundene Behörde. Was er meint: Die Regierung nutze den Verfassungsschutz aus, um ihre Gegner – und insbesondere ihn – mundtot zu machen. Deshalb könne man darauf keinen Wert legen.

Hans-Christoph Berndt: Scharfmacher, Mann des Vorfelds, bestens vernetzt in rechtsextremen Kreisen

Dabei hat er sich die Einstufung des Inlands-Nachrichtendienstes in den vergangenen Jahren hart erarbeitet. Berndt, Jahrgang 1956, ist gelernter Zahnmediziner, arbeitete in der Charité und war dort Vorsitzender des Personalrats. Politisch aktiv wurde er erst spät. 2015 gründete er den später als erwiesen rechtsextremistisch eingestuften Verein "Zukunft Heimat". Ein asylfeindliches Bündnis, das ihn erstmals über seinen Heimatort Golßen-Sagritz im Spreewald hinaus bekannt machte.

Über Jahre organisierte Berndt Demonstrationen gegen Asylunterkünfte in Südbrandenburg, besonders häufig in Cottbus. Flankiert wurden die Versammlungen von der AfD und anderen Bündnissen und Parteien aus dem rechtsextremen Lager, wie der Identitären Bewegung. Auf der Bühne standen bekannte Gesichter des rechten Randes wie der Verleger Götz Kubitschek oder der Pegida-Organisator Lutz Bachmann. 

2018 trat Berndt in die AfD ein und machte in Rekordzeit Karriere. 2019 wurde er in den Landtag gewählt. Knapp ein Jahr später wurde er als Nachfolger von Andreas Kalbitz Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion. Sein Kapital ist dabei wohl sein Netzwerk. Der 68-Jährige verkörpert nicht nur die Ideologie, sondern auch die Strategie der Neuen Rechten. Berndt ist ein Mann des sogenannten "Vorfelds". Ein außerparlamentarischer Aktivist, der zum Politiker geworden ist.

Selbst für AfD-Verhältnisse ist Berndt extrem. Ein Scharfmacher, rhetorisch zweifellos limitiert, aber unverhohlener als etwa sein Kollege Björn Höcke in Thüringen. Auf die Frage eines Schülers beim "rbb-Kandidatencheck", wie er der steigenden rechtsextremen Gewalt in Schulen begegnen will, antwortete er beispielsweise, es sei "viel wichtiger, dass wir uns Gedanken machen, über die migrantische Gewalt in den Schulen Brandenburgs gegenüber einheimischen Schülern".

Verschwörungstheorien, Untergangsrhetorik, ein gewachsenes Feindbild

In seinen Reden bedient Berndt dabei seit Jahren die gleiche Klaviatur: Rechtsextreme sind die eigentlich Normalen in diesem Land. Wird ihre menschenfeindliche Stimme nicht gehört, ist das wahlweise Unterdrückung oder Zensur. Egal ob Schulden, Flüchtlinge oder die Energiekrise – Schuld hat an allem die Regierung, egal ob der Kanzler nun Scholz oder wie früher Merkel heißt. Für den AfD-Spitzenkandidaten sind die Politiker, die nicht denken wie er, ohnehin Marionetten, die von einer internationalen Elite gesteuert werden. Berndt ist Anhänger dieser Verschwörungstheorien. Wie auch der des "Großen Austauschs" (engl. Great Reset), wonach Europa angeblich mit Migranten aus afrikanischen und arabischen Ländern "geflutet" wird, um die "weiße Rasse" auszurotten.

Seine Ideologie hat sich seit seinen Auftritten als Aktivist bei Demonstrationen wohl nicht verändert, sein Feindbild aber ist gewachsen: Berndt wütet nunmehr nicht nur gegen die Migrationspolitik oder die Regierung. Er zündelt mit Revolutionsrhetorik. Seine Gegner sind mittlerweile alle jenseits der "Brandmauer". Egal ob Linke oder CDU. "Wir", das sind für Berndt die "normalen Bürger" am rechten Rand der Gesellschaft. Deutschland befinde sich kurz vor dem Zusammenbruch, es müsse jetzt sofort eine Politikwende her. Es sei Zeit, das Land zu "retten", wie er es sagt. Es sei "Zeit, Politik für das eigene Land und das eigene Volk zu machen".

Wie aber soll diese Rettung seiner Meinung nach aussehen? Auf die Frage, was er als Erstes machen würde, wenn er die Wahl gewönne und Ministerpräsident von Brandenburg wäre, erklärte er gegenüber "Phoenix": "Als Erstes würde ich einen Erlass erlassen, damit keine Regenbogenfahnen mehr aufgezogen werden, sondern nur noch schwarz-rot-goldene und Brandenburg-Fahnen, um klarzumachen, dass unsere Politik darauf ausgelegt ist, für die eigenen Leute da zu sein." Ob die Ausgrenzung queerer Menschen Brandenburg zu blühenden Landschaften macht, ist wohl mehr als fraglich. Dass Berndt die Wahl gewinnen kann, dagegen nicht so sehr: Derzeit liegt er laut Umfragen zwischen 27 und 29 Prozent der Stimmen.