"In China hat man sich in eine Sackgasse manövriert", stellt China-Experte und Kolumnist Frank Sieren in der 272. Folge von "heute wichtig" fest. Die Volksrepublik meldet am 31. Dezember 2019 die ersten Fälle einer damals noch "mysteriösen Lungenkrankheit" – und setzt seit diesem Zeitpunkt auf eine Null-Covid-Strategie. Das heißt, die Zahl der Corona-Fälle soll so niedrig wie nur möglich gehalten werden. Falls es Ausbrüche gibt, werden ganze Städte radikal abgeriegelt. Das Hauptproblem, erklärt Sieren, "mit Omikron funktioniert in China die Zero-Covid-Strategie nicht mehr."
"China fällt die Null-Covid-Strategie auf die Füße"
Peking beispielsweise meldete am Montag 49 Corona-Fälle, in einer Stadt mit rund 22 Millionen Einwohner:innen. Und die Regierung gibt weitere Einschränkungen vor. Dabei schadet die Strategie der regierenden Kommunistischen Partei Chinas nicht nur den Millionen eingesperrten Menschen, sondern zunehmend auch der Wirtschaft. Lokal und weltweit. Wirtschaftsjournalistin Frauke Holzmeier erklärt bei "heute wichtig": "Eigentlich sind wir es von China gewöhnt, nur extrem hohe Wachstumsraten zu hören. […] Aber im Moment ist es so, dass die 'Werkbank der Welt' ziemlich ins Stocken geraten ist." Und dieses Stocken könnte wohl noch eine Weile anhalten, so Holzmeier: "Meine vorsichtige Prognose: Solange die Lockdowns anhalten und der Krieg in der Ukraine weiter die Lage schwierig macht, wird es mindestens an der Börse noch ungemütlich."
China muss eine Entscheidung treffen
Dabei sind neben der Wirtschaft auch die menschlichen Kosten immens – ob China nun bei seinem harten Kurs bleibt oder nicht. Eine am Dienstagabend vorab veröffentliche Studie chinesischer Forscher:innen berechnet die Folgen, die eine schnelle Abkehr von dieser Linie hätte. Die wären immens, analysiert Christoph Koch, Leiter des Wissens-Ressorts beim "stern". Die Studie geht von mehr als 1,5 Millionen Todesfällen aus bei einer vollständigen Aufhebung der Strategie. Dazu kommt eine Überlastung der Intensivstationen, erklärt Koch: "Die große Mehrheit der Schwerkranken würde keinen Intensivplatz bekommen und im Extremfall zu Hause, auf der Normalstation oder in der Notaufnahme sterben. Das ist genau das, was China immer verhindern wollte. Aber ob das noch geht, ist fraglich."

Podcast "heute wichtig"
Klar, meinungsstark, auf die 12: "heute wichtig" ist nicht nur ein Nachrichten-Podcast. Wir setzen Themen und stoßen Debatten an – mit Haltung und auch mal unbequem. Dafür sprechen Host Michel Abdollahi und sein Team aus stern- und RTL-Reporter:innen mit den spannendsten Menschen aus Politik, Gesellschaft und Unterhaltung. Sie lassen alle Stimmen zu Wort kommen, die leisen und die lauten. Wer "heute wichtig" hört, startet informiert in den Tag und kann fundiert mitreden.
China steckt also in einem Dilemma, fasst China-Experte Frank Sieren im Gespräch mit Podcast-Host Michel Abdollahi zusammen: "Macht man auf, hat man unter Umständen im Herbst eine große Omikron-Welle. Macht man nicht auf, sinkt die Wirtschaft weiter ab und man hat unter Umständen im Herbst eine Wirtschaftskrise." Fakt ist: Die Regierung sollte sich bald entscheiden, denn der Unmut in der Bevölkerung, die zum Teil seit Wochen in eingesperrten Wohnungen sitzt, ist groß.
Ihr Abo für "heute wichtig"
Verpassen Sie auch sonst keine Folge von "heute wichtig" und abonnieren Sie unseren Podcast bei: Audio Now, Spotify, Apple Podcasts, Deezer, Castbox oder in ihrer Lieblings-Podcast-App. Bei inhaltlichen Fragen oder Anregungen schreiben Sie uns an heutewichtig@stern.de.