»Alle Bundesländer haben offensichtlich zu viel Geld oben ins Bildungssystem gesteckt und zu wenig unten, in die Grundschulen und Kindergärten« sagt der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel in der Wochenzeitung »Die Zeit«: »Wir haben die Sprachförderung für Ausländer- und Aussiedlerkinder vernachlässigt und die Bedeutung von Ganztagsschulen unterschätzt. Wir haben die hierarchische und zentralistische Schulorganisation aufrechterhalten und zu wenig getan für mehr Autonomie vor Ort. Die Schule war zu sehr von der Außenwelt abgekoppelt.«
»Starke wie schwache Schüler individuell fördern«
Gabriels Förderkonzept: »Wir wollen Schüler, starke wie schwache, individuell fördern«. Er plädiert für Sprachförderung im Kindergarten und sieht das Beherrschen der deutschen Sprache als Voraussetzung, um eingeschult werden zu können. »Unser Problem ist doch: Wir haben es nicht geschafft, die Leistungsschwachen zu stärken, dagegen haben wir es geschafft, dass die Leistungsstarken Mittelmaß sind«.
Keskin für zwei Jahre Kindergarten
Ähnlich äußerte sich auch Hakki Keskin, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Türkische Eltern »sollten dazu angehalten werden, ihre Kinder spätestens vom vierten Lebensjahr an in Kindertagsstätten zu schicken«. Erfahrungen zeigen, dass »Kinder nichtdeutscher Eltern bei der Einschulung kaum Sprachdefizite aufweisen, wenn sie vorher mindestens zwei Jahre lang einen Kindergarten besucht haben«, sagt der Sozialwissenschaftler in der »Zeit«. Keskin fordert die spezielle Förderung der »sprachlichen Kompetenz der Kinder in den Kindergärten, Kindertagesstätten und Vorschulklassen durch eigens dafür geschulte Pädagogen«.
Hakki Keskins Bildungskonzept: »Da die optimale sprachliche Entwicklung der Kinder von der Beherrschung der Muttersprache abhängt, sollte neben der Schulsprache Deutsch das Erlernen der Muttersprache ernst genommen und unterstützt werden ... Zweisprachigkeit von Erziehern und Pädagogen besonders honoriert und im Rahmen der allgemeinen Sprachförderung sollten Deutschkurse für nichtdeutsche Eltern angeboten werden.«