Autoland Deutschland Ideenstau beim ADAC

  • von Dorit Kowitz
Stau, Stau, überall Stau - Verkehrsminister Tiefensee ist Stauweltmeister! Sagt der ADAC. Und fordert wie seit Jahr und Tag: mehr Geld für deutsche Autobahnen. Ein Ortstermin im Hauptquartier des organisierten Automobilismus.

Unter den Linden 36, im Präsidialbüro des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs, ist die Welt noch, wie sie bis vor kurzem überall gewesen war. Man hatte es bloß schon fast vergessen. Es geht in dieser Welt um Autos und Autofahrer, um Technik und Steuern, um Straßenbau und Stau, um Forderungen und Politik. Um das Große und Teure. Hier reden die Männer, die Frauen sind dienstbare Geister. Die August-Sonne bleibt verbannt hinter grauen Blenden, der graue Teppich dämpft, man trägt graue Anzüge, die Frauen auch. Eine Kakerlake hat sich verlaufen und sucht Schutz.

Es ist ernst. Der ADAC wirft der Bundesregierung schwerwiegende Versäumnisse vor.

Die Männer, die reden, der Präsident, der Vizepräsident und der Leiter Externe Unternehmenskommunikation des ADAC, sind Verkehrsexperten, kurz hinter den besten Jahren, die Haare schütter, die Brillen rahmenlos edel, die Namen so deutsch wie Opel und Daimler: Peter Meyer, Ulrich Klaus Becker, Dieter Wirsich. Sie lesen markige Sätze mit kräftigen Stimmen vom Blatt ab. Sie klagen: Stau, überall Stau, 130.000 Stück allein 2008. Und Baustellen. Und trotzdem keine guten Straßen. Stattdessen weitere Baustellen, aber kein Konzept. Dadurch wieder: Stau.

16.610.000 Mitglieder hinter sich

Es ist das Mantra der deutschen Straße. Meyer: "Wir kennen das alle, und trotzdem stehen wir fassungslos vor der Frage: Warum ist das so?"

Fassungslos. Das steht sonst über Todesannoncen.

Die Männer haben natürlich Antworten auf das Warum. Sie wissen 16.610.000 Mitglieder hinter sich. Sie sind Deutschland auf Achse. Sie sagen, wer Schuld am Stillstand trägt: Die Bundesregierung, die große Koalition, die still stehe, der Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee sowieso. Lauter Versprechen, aber nur ein Rekord in vier Jahren: Stauweltmeister.

Planwirtschaft für den Verkehr

Sie müssen sich dieser Tage nicht vorsehen. Es ist unwahrscheinlich, dass Tiefensee nach der Wahl Minister bleibt.

Sie fordern mehr Geld für den Straßenbau, eine langfristige Finanzplanung. Sieben Milliarden Euro statt der geplanten fünf Milliarden. Steuermittel sollten über mehrere Haushaltsjahre "verstetigt" werden. Und bis 2015 müssten 1000 neue Autobahn-Kilometer her.

Ein bisschen Planwirtschaft für den Verkehr.

Früher verlangte man nach freier Fahrt für freie Bürger. Aber das können sie heute nicht mehr bringen.

Nicht alles Prestigeobjekte

Stattdessen sagen sie, die Lkw-Maut müsse "bei der Straße" ankommen und dürfe nicht zum Schuldentilgen benutzt werden. "Alles andere", ruft der Präsident empört vom Blatt lesend, "ist arglistige Täuschung!"

Eine Pkw-Maut lehnen sie ab. Mobilität dürfe nicht teurer werden. "Bei 45 Millionen zugelassenen Autos dürfen Sie davon ausgehen, dass dies nicht alles Prestigeobjekte sind, sondern die Leute sie brauchen, um mobil zu sein." Der Vizepräsident ergänzt, im ländlichen Raum führen Busse oft nur zweimal am Tag.

Der Club verlangt neue Subventionen

Aber der ADAC ist auch für den Umweltschutz. Er möchte, dass neue Antriebe für Autos weiter entwickelt werden, zügig. Elektro, Hybrid, Erdgas oder Biokraftstoff. Fördern möge das die neue Bundesregierung mit neuen Programmen, unbedingt.

Das bedeutet, der Club verlangt neue Subventionen. Die Mineralölsteuer hat er auf seiner Wunschliste nämlich schon anders verplant: für die "Bundesfernstraßengesellschaft".

Die gibt es noch gar nicht. Sie soll sich, fordern die Männer, aus der "Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft" entwickeln. Man weiß nicht, ob dieser Vorschlag wichtig ist. Aber Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft ist schönes Wort zum Galgenraten. 46 Buchstaben.