Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker "Die Krise ist noch nicht vorbei!"

Zehn Tage vor der Bundestagswahl mahnt Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker die Parteien zur Ehrlichkeit. Im neuen stern sagt er: "Ich weiß nicht, wo bei unserer gegenwärtigen Krise Platz sein soll für Steuererleichterungen."

Es sind deutliche Worte, die Richard von Weizsäcker in der Endphase des Bundestagswahlkampfes im stern-Interview findet, obwohl sich der frühere Bundespräsident schon seit Jahren nicht mehr in die Tagespolitik einmischt. Doch die "gegenwärtige gewaltige Verschuldung" des Staates treibt ihn ebenso um, wie die nach wie vor düsteren ökonomischen Aussichten: "Nächstes Jahr werden wir neue, starke Herausforderungen erleben. Die Krise ist noch nicht vorbei." Weizsäckers Frage, "wo bei unserer gegenwärtigen gewaltigen Verschuldung Platz sein soll für ein Versprechen bedeutender Steuererleichterungen" ist denn auch nur rhetorisch. Von der dahinter steckenden Kritik des früheren Bundespräsidenten muss sich insbesondere die FDP getroffen fühlen, die mit Steuersenkungen die Wirtschaft ankurbeln will.

Im stern-Interview rät das ehemalige Staatsoberhaupt zum grundsätzlichen Maßhalten. Er spricht sich für Renditen aus, die "vernünftig und deshalb limitiert" sein sollten. "Gier ist immer schlecht", sagte der Alt-Bundespräsident. Und für die Banken gelte: "Keine Bank darf so groß sein, dass sie anfangen kann, den Staat zu erpressen." Dass der amtierende Bundespräsident Horst Köhler in einem früheren stern-Interview die außer Kontrolle geratenen Finanzmärkte als "Monster" bezeichnet hat, hält Weizsäcker für eine richtige Diagnose. "Das 'Monster' ist schon eine Herausforderung", es werde aber viel getan, um es zu bändigen.

Lesen Sie das ganze Interview in der neuen Ausgabe des stern.

Weizsäcker plädierte im Interview für ein Ende des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan "in angemessener Zeit". Es gehe nun darum, "das Mögliche an Lebensfähigkeit in Afghanistan zu schaffen". Dies sei ein Ziel in einem zeitlich begrenzten Rahmen. "Aus Afghanistan ein Land nach der inneren Ordnung der Nato-Partner zu machen ist jedenfalls nicht erreichbar", sagte der Ex-Bundespräsident.

Die Entscheidung, nach den Terroranschlägen des 11. September auch deutsche Soldarten nach Afghanistan zu entsenden, hält Weizsäcker für richtig. "Wir müssen für Rechtsordnung und Sicherheit eintreten. Es ist aber nicht so leicht zu entscheiden, wo genau und wodurch diese Sicherheit gefährdet ist."

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