TV-Kritik Rente für Illner!

  • von Axel Hildebrand
Nicht die Politiker verkaufen die Menschen für dumm. Es ist die Redaktion von "Maybrit Illner". Über eine erschreckende Rentenplapperei im Zweiten.

An dem Tag, an dem es in Deutschland brütend warm wird und die Männer in kurzen Hemden zur Arbeit kommen, wagt Maybrit Illner etwas erstaunlich Mutiges. Sie scheint sich ganz sicher zu sein, dass die Hitze die Köpfe ihrer Zuschauer mit einem Schleier der Trägheit vernebelt hat. Offenbar glaubt sie, dass wer im Beachclub oder am Baggersee sein Feierabendbier in der wabernden Hitze getrunken hat, sich gedanklich dermaßen verabschiedet hat, dass ihm oder ihr nicht auffallen würde, wie Illner mit einem - an sich - wichtigem Thema umgeht.

Geladen hatte die Berlinerin zu "Die Renten-Garantie: Gut für die Alten - schlecht für alle anderen?". Das ist an sich schon ziemlich erstaunlich.

Denn gute Fernsehsendungen oder Diskussionsrunden greifen für gewöhnlich ein aktuelles Thema zügig auf. Oder sie lassen sich ein paar Tage Zeit - und rechtfertigen das durch eine besonders pfiffige Art der Aufbereitung: besondere Gäste, besondere Fragen, oder eine besonders gute Präsentation des Themas etwa über Einspielfilme.

Das Thema war tatsächlich einmal aktuell - vor ein paar Monaten

Illner pickte mit der Rentengarantie ein Thema auf, welches tatsächlich zu Recht ein paar Tage die Agenda bestimmte - das war allerdings bereits Anfang Mai. Aber, dachte man sich bei Illners Truppe, da gibt es ja noch einen zweiten aktuellen Anlass, das Thema noch einmal hochzuziehen. In der Ankündigung hieß es: "Ihre (der Rentner) Einkünfte werden jedenfalls in diesem Jahr - wie so oft vor Wahlen - ordentlich erhöht: um über zwei Prozent im Westen und über drei Prozent im Osten!"

Auch das ist schon seit Monaten bekannt. Bereits Mitte März wurde die Rente so stark angehoben. Nun naht der September, und in der Illner-Redaktion kam man auf die originelle Idee, das alte Thema nicht nur aufzugreifen, sondern auch noch besonders alt aussehen zu lassen.

Denn die besondere Art der Aufbereitung, die zumindest ein paar Tage oder wenige Wochen Verzögerung gerechtfertigt hätte, blieb aus. Stattdessen saß doch tatsächlich ein 69-jähriger Bauer, Jürgen Görg, im Studio, der über seine Arbeit auf dem Hof und seine Probleme mit modernen Computern berichtete. Moment, woher kannte man den denn? Leider richtig, auch für die Recherche eines neuen Interviewpartners reichte in der Sommerhitze der Elan in Illners Redaktion nicht aus. Den Bauern hatte man sich direkt von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung geholt. Die hatte Görg vor Kurzem auf einer ganzen Seite interviewt. So einfach kann Recherche sein.

Diskussion ohne klares Ziel

Ach ja, fast vergessen: In der Sendung saßen der zuständige Minister Olaf Scholz, Kurt Biedenkopf, die Sozialverbandspräsidentin Ulrike Mascher, Blogger Sascha Lobo und der junge Autor Wolfgang Gründlinger. Und jeder durfte einmal sagen, was er so denkt über Rente und Arbeit und die Gerechtigkeit und Jung gegen Alt und überhaupt.

Symptomatisch für eine Diskussion, die weder einem klaren Ziel entgegen steuerte, noch argumentativ gelenkt wurde, war die Reaktion Illners auf Mascher, als diese die Rentenerhöhung verteidigte. Schließlich hätten die Rentner davor etliche Nullrunden hinnehmen müssen. Das stimmt. Dass aber im gleichen Zeitraum die Bruttolöhne und -gehälter ebenfalls sanken - und das bei steigenden Preisen, - sagte sie nicht. Und Illner war die Letzte in der Runde, die sich genötigt sah, einmal inhaltlich einzugreifen.

Frank Plasberg wäre das so nicht passiert.