Die venezolanische Friedensnobelpreisträgerin María Corina Machado hat ihr Heimatland verlassen und sich auf den Weg nach Norwegen gemacht. Zwar kam die 58-Jährige nicht pünktlich zur Preisverleihung im Osloer Rathaus, doch mit ihrer Ausreise bot sie der autoritären Regierung in Caracas abermals die Stirn.
Was bedeutet die Ausreise von Machado für Venezuelas Opposition?
Machado ist die wichtigste Vertreterin der venezolanischen Opposition. Sie war im vergangenen Jahr die treibende Kraft hinter der Kampagne des Oppositionskandidaten Edmundo González, der die Präsidentenwahl nach Einschätzung der Regierungsgegner und zahlreicher Länder gewann. Trotz der Betrugsvorwürfe ließ sich allerdings der autoritäre Staatschef Nicolás Maduro zum Sieger erklären. González ging daraufhin nach Spanien ins Exil, auch zahlreiche andere Oppositionelle sind längst ins Ausland geflohen.
Mit Machado hat nun auch die prominenteste Vertreterin der Regierungsgegner das Land verlassen. Dies könnte als Niederlage der Opposition gewertet werden. Allerdings lebte Machado in Venezuela zuletzt im Untergrund und konnte sich nur sehr eingeschränkt politisch betätigen. Bei ihrem bislang letzten öffentlichen Auftritt im Januar wurde sie vorübergehend festgenommen, dann aber wieder freigelassen. "Sie muss zurückkehren, denn dies ist ein entscheidender Moment, um die Freiheit des Landes zurückzuerlangen", sagte der frühere Bürgermeister von Caracas, Antonio Ledezma, im spanischen Radiosender RNE.
Was droht Machado bei einer Rückkehr nach Venezuela?
In Venezuela wird unter anderem wegen Vaterlandsverrats gegen Machado ermittelt. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, Machado als flüchtig zu betrachten, sollte sie das Land verlassen. Bei einer Rückkehr nach Venezuela könnte sie demnach festgenommen werden. Denkbar wäre aber auch, dass ihr die Einreise in ihr Heimatland verweigert wird. Machado selbst befürchtet das Schlimmste. "Mir sind alle erdenklichen Verbrechen vorgeworfen worden, bis hin zu Terrorismus", sagte sie in einem Interview des norwegischen Senders NRK. "Das Regime ist sehr deutlich geworden. Maduro hat gesagt, dass sie mich töten werden, wenn sie mich erwischen."
Wie hat Machado aus dem Untergrund heraus agiert?
Machado war nach der von Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl im Juli 2024 untergetaucht. Im Januar zeigte sie sich bei den Protesten gegen die Vereidigung von Maduro, wurde kurz festgenommen und dann wieder freigelassen. Seitdem trat sie nicht mehr in der Öffentlichkeit auf. Dafür war sie aber in den sozialen Netzwerken sehr aktiv, veröffentlichte Videobotschaften und gab Interviews. Allerdings verfügte sie im Untergrund nicht mehr über die gleiche politische Schlagkraft und Präsenz wie zuvor, als sie bei Kundgebungen vor Tausenden Menschen sprechen konnte.
Wie verhalten sich die USA?
Die US-Streitkräfte haben vor der Küste von Venezuela eine schlagkräftige Streitmacht auf Kriegsschiffen mit Kampfflugzeugen und Soldaten zusammengezogen. Offiziell richtet sich der Einsatz gegen den Drogenschmuggel. Maduro befürchtet hingegen, dass Washington einen Machtwechsel in Caracas erzwingen will. Die venezolanische Regierung wirft Machado immer wieder vor, für eine militärische Intervention der USA in dem südamerikanischen Land zu werben.
Konkrete Hinweise auf einen geplanten Sturz von Maduro sehen Beobachter derzeit nicht. Selbst wenn der langjährige Staatschef Umfragen zufolge nur noch auf die Unterstützung von etwa 20 Prozent der Bevölkerung zählen kann, dürfte die Mehrheit der Venezolaner eine ausländische Intervention ablehnen. Zudem könnte ein plötzliches Machtvakuum nach Jahren der autoritären Herrschaft das Land ins Chaos stürzen und die gesamte Region destabilisieren.
Wie geht es jetzt weiter?
Machado könnte versuchen, heimlich in ihre Heimat zurückzukehren, beispielsweise über die weitgehend ungesicherte grüne Grenze zwischen Kolumbien und Venezuela. Ihre Tochter Ana Corina Sosa Machado sagte bei der Verleihung des Friedensnobelpreises in Oslo, dass ihre Mutter schon bald wieder zurück in Venezuela sein werde. Oder sie lässt sich in Spanien oder den USA nieder, wo es jeweils eine große venezolanische Diaspora und über Jahre aufgebaute Netzwerke der Opposition gibt. Für ihre politische Arbeit würde sie im Ausland viel bessere Bedingungen vorfinden als in Venezuela - allerdings zu dem Preis, dass sie dann fern der Heimat ist, für deren Zukunft sie seit Jahren erbittert kämpft.