"Jetzt haben wir plötzlich ganz viel Zeit", sagt Michaela Klotz und man hört, wie sie im fernen Teneriffa durchatmet. "Am Sonntag sind die letzten Flieger raus." In denen saßen die übrig gebliebenen Urlauber der Tui, die der Reisekonzern aus Hannover vorzeitig von den kanarischen Inseln zurück nach Deutschland holen musste.
Sie waren Teil von rund 120.000 Reisenden, die in den vergangenen Wochen nach Deutschland zurückkehrten. Auf Teneriffa, wo Klotz seit neun Jahren lebt, sind wegen der auch dort grassierenden Corona-Pandemie inzwischen alle Hotels geschlossen, genauso wie Restaurants und andere touristische Attraktionen.

"Ich habe Teneriffa noch nie so leer gesehen", erzählt Klotz. „Leere Promenaden, leere Strände, kaum ein Mensch auf den Straßen. Es ist gespenstisch.“ Normalerweise beginnt jetzt das Ostergeschäft, einer der Reisehöhepunkte des Jahres. Rund sieben Millionen Touristen fluten jährlich auf das Eiland im Atlantik, nur eine Million Menschen leben dauerhaft auf der Insel. Teneriffa ist einer der Tourismusklassiker – und das seit Jahrzehnten.
Doch Covid-19 hat das abrupt gestoppt. „Seit der spanische Ministerpräsident vor etwa eineinhalb Wochen die Abreise aller Touristen verfügt hat, haben wir versucht die Gäste auszufliegen“, erzählt sie. Und nicht jeder wollte das: "Wir hatten auch Gäste die die Corona-Krise hier auf Teneriffa aussitzen und ihren Urlaub verlängern wollten. Aber das ging natürlich nicht, weil ja alles schließen muss."
Im Zentrum des Sturms
Klotz und Ihre Kolleginnen und Kollegen waren die letzten Wochen im Zentrum eines Rückreise-Sturms, denn fast alle Flüge mussten verschoben und neu organisiert werden. Dazu kamen weitere Touristen von kleineren Kanareninseln, von denen es keine internationalen Flüge gibt.
Die Sorgen und Ängste der Touristen angesichts der Epidemie waren groß. "Wir haben immer in Dreier-Teams gearbeitet und versucht, sichtbar zu sein und Sicherheit zu vermitteln", sagt sie. "Zwei haben die Fragen der Menschen beantwortet, einer hat sich auf die Rückreise-Listen konzentriert."
Insgesamt sei es trotz Ausgangssperre bis zum 12. April ruhig geblieben, sagt Klotz. "Aber als die Polizei alle Hotelgäste angewiesen hat, Pool und Garten nicht mehr zu nutzen und auf den Zimmern zu bleiben, da kam schon Unmut auf." Gut fünf Tage galt diese Regel.
Viele Betriebe werden es nicht schaffen
Wie es weitergeht, das weiß auch auf Teneriffa noch niemand so richtig. Die Insel lebt vom Tourismus. Momentan verteilen die Hotels das nun nutzlose Essen an die lokale Bevölkerung. Der spanische Staat hat Steuernachlässe angekündigt für Unternehmen, die ihre Mitarbeiter nur temporär kündigen. Es ist eine abgeschwächte Form der Kurzarbeit, die es in Spanien nicht gibt. Aber viele Tourismusbetriebe werden es wohl trotzdem nicht schaffen. Corona kostet Jobs, überall auf der Welt.
Die neue Ruhe gefällt Reiseleitern wie Michaela Klotz nicht besonders. "Keiner von uns hat Lust auf Pause", sagt sie nach dem unermüdlichen Abreise-Einsatz. "Ich habe mich richtig auf die Sommersaison gefreut. Da kommt ein anderes Publikum. Im Winter sind hier eher Stammgäste, die wenig Betreuung brauchen." Doch gerade die haben ihr und der ganzen Insel bei der Abreise noch ein bisschen Hoffnung vermittelt: "Viele haben gesagt: Wir kommen wieder!"
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