"Das ist nicht nur ein Airport, das ist ein Monument des Sieges", verkündet ein Plakat am Eingang zum Terminal des neuen Flughafens von Istanbul. Pünktlich zum 95. Jahrestag, als am 29. Oktober 1923 Atatürk die Republik Türkei ausrief, machte sich Recep Tayyip Erdogan mit seiner Entourage und Gästen aus den Nachbarländern auf den Weg in die Haupthalle des neuen Airports.
"Ich hoffe, dass der Flughafen unserer Region und der Welt zum Nutzen sein wird", sagte der türkische Präsident bei der feierlichen Eröffnung. Mit Spannung wurde bei dem Festakt die Namensgebung erwartet. Der Flughafen wird nicht "Erdogan International Airport", sondern schlicht "Istanbul Airport" heißen.
Erst vor drei Jahren wurde mit dem Bau des Airports 40 Kilometer nördlich von Istanbul begonnen. Der im Moment noch in Betrieb befindliche Atatürk-Airport ist längst an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen. Durch das rasante Wachstum der halbstaatlichen Turkish Airlines, die nach eigenen Angaben mehr internationale Flugziele ansteuert als jede andere Fluggesellschaft weltweit, kommt es häufig zu Verspätungen - und auch zu Zwischenfällen. Erst vor wenigen Tagen verhinderte das Bodenpersonal den Zusammenstoß eines Frachtflugzeuges mit den dicht geparkten Jets an dem chronisch überlasteten Airport.

Gigantomanie am Boden
Mit einer Fläche von 76 Quadratkilometern ist der neue Flughafen drei Mal so groß wie der alte. Im Zentrum steht das neue Terminal 1 mit einer Fläche von 1,44 Millionen Quadratmetern. Das zeltähnliche Design geht auf einen Entwurf der italienischen Designschmiede Pininfarina zurück. Erdogan hat mit seinem Airport ganz Großes vor: Nach Abschluss aller Bauphasen im Jahr 2028 soll der Flughafen mit zwei Terminals und sechs Startbahnen eine Kapazität von 200 Millionen Passagieren pro Jahr haben und dann der größte Airport der Welt sein.
Noch ist es nicht so weit. Bei der eher symbolischen Eröffnung wurden noch an allen Enden und Ecken gewerkelt. Noch ist auch eine Anbindung per U-Bahn an die Innenstadt nicht fertiggestellt. Auch die Aufnahme des regulären Flugbetriebs wurde kurzfristig verschoben. Zunächst stehen nur drei Inlands-Flugziele wie Ankara sowie Nordzypern und Aserbaidschan auf dem Flugplan. Erst am 29. Dezember werden Turkish Airlines vom alten Atatürk-Airport umziehen.
Ideale geopolitische Lage
Der neue Flughafen dürfte eine große Konkurrenz für Flughäfen in Europa und in den Golf-Staaten werden. Denn seine Lage ist geografisch äußerst vorteilhaft. Turkish Airlines, die schon jetzt in Istanbul ein Drehkreuz etabliert haben, fliegen von großen und kleinen Flughäfen - in Deutschland ab 13 Flughäfen inklusive Karlsruhe und Friedrichshafen - mit Kurzstreckenmaschinen nach Istanbul, wo die Passagiere in die Langstrecken-Jets unter anderem zu Zielen in Asien, Afrika und demnächst Australien umsteigen können.
Doch die Lage des Istanbul Airport gilt auch als umstritten. Durch den Bau wurden laut Umweltschützern 500.000 Bäume gefällt und riesige Flächen versiegelt, mit erheblichen Auswirkungen auf die Grundwasserversorgung für die Stadt
Zudem gab es während der Bauzeit Dutzende, wenn nicht sogar Hunderte von Opfern. Nach Angaben der Zeitung "Cumhuriyet" kam es bei den Bauarbeiten wegen Sicherheitsmängeln zu zahlreichen tödlichen Unfällen. Die "regierungskritische Zeitung 'Evrensel' nannte den Flughafen deshalb eine Todespiste", schreibt "Die Presse".
Bauarbeiter sitzen im Gefängnis
Durch den Termindruck wurden Bauschutt und Beton von 1500 Lkws im Akkord transportiert. Fahrer, die gegen die Arbeitsbedingungen und Dreck in ihren Unterkünften protestierten, wurden festgenommen. Nach Angaben von Human Rights Watch sind 30 Bauarbeiter noch immer im Gefängnis.
Präsident Erdogan sagte in seiner Eröffnungsrede, der neue Airport sei eine "Ehre unseres Landes und ein Projekt, an dem sich die Welt ein Beispiel nehmen kann." Sollte das eine Anspielung auf die Dauerbaustelle BER sein? Für den Luftfahrtexperten Heinrich Großbongardt ist der Bau des Istanbuler Flughafens "durchgepeitscht" worden. "Das ist ein Projekt, das man nur in einer Semi-Demokratie durchziehen kann."
+++ Klicken sie sich auch durch die Fotostrecke: "Ich hatte 2012 den Pannen-Airport BER besucht. Jetzt war ich wieder dort - und bin entsetzt" +++
