Schon heute bringt der Tourismus in Dubai ein Vielfaches des Ölgeschäfts ein, das hier ohnehin fast versiegt ist. Vor allem als Ausgangspunkt für Kreuzfahrten in die arabische Welt hat sich die Stadt inzwischen etabliert. Immer mehr Reedereien positionieren ihre Schiffe in Dubai.
Was den Amerikanern ihre Karibik-Kreuzfahrt ist, könnte die Arabien-Route für Europäer werden: In knapp sechs Stunden fliegt man aus Deutschland in die Sonne des Morgenlandes. Insgesamt rechnet der Hafen in der Saison 2014/15 mit 381.000 Passagieren, die vom Dubai Cruise Terminal ihren maritimen Arabien-Urlaub starten werden - 19 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Sonnengarantie an Bord
Zum Auslaufen ertönt aus allen Lautsprechern an Bord der "Aida Diva" "Sail away" von Enya. Nach einigen Tagen weiß man, dass an Bord der "Costa Europa" "Time to say goodbye" als Auslauf-Melodie gespielt wird, denn die beiden Schiffe liefern sich während der einwöchigen Tour ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wie die meisten Kreuzfahrtschiffe im Persischen Golf haben sie die gleiche Route: Vom Start- und Zielhafen Dubai steuern die schwimmenden Hotels noch Maskat, die Hauptstadt des Sultanats Oman, das Emirat Abu Dhabi und das Königreich Bahrain an.
2004 kreuzte erstmals ein Aida-Schiff in der Wintersaison im Orient. Fast 2500 Passagiere verteilen sich auf den dreizehn Decks der "Aidas Diva", dazu noch einmal 630 Mann Besatzung. Auch wenn das Schiff längst nicht zu den größten seiner Art gehört, ist es nicht ganz leicht, sich an Bord zurecht zu finden. Das Design ist kunterbunt, vom Teppich über die Wände bis zum Kopfkissen. "Ich komm nach all den Jahren noch immer durcheinander", sagt Barbara, während sie auf dem Schiffsplan neben dem Fahrstuhl nach dem Restaurant "Weite Welt" sucht.
Schon zum vierten Mal ist sie mit einem Aida-Dampfer unterwegs, zwei Mal Mittelmeer, einmal Karibik, nun hat sie sich gemeinsam mit ihrem Mann Frank erstmals eine Arabien-Kreuzfahrt gegönnt, wie sie sagt. Man fliegt nicht so weit und hat trotzdem Sonnengarantie.
Arabien für Anfänger
"Von jetzt an geht's aufwärts", sagt Frank und drückt im Fahrstuhl den Knopf für Deck elf. Abendgarderobe ist hier kein Thema. Die beiden Krefelder haben sich dennoch hübsch gemacht. Es gibt vier Buffetrestaurants und drei À-la-carte-Restaurants. Arabische Küche steht nicht auf dem Speiseplan. Denn eine Orient-Reise auf einem Kreuzfahrtschiff ist gewissermaßen Arabien für Anfänger: Die Passagiere können von ihrem schwimmenden Hotel aus die Dosis landestypischer Eindrücke selbst bestimmen. So kann man sich am Buffet deutsches Bier zapfen, während hinter den großen Panoramafenstern die Skyline Dubais glitzert.
Von der Hängematte auf dem Balkon einer Außenkabine kann man die felsige Küstenlinie der Arabischen Halbinsel betrachten, während das Schiff durch die Straße von Hormus steuert. An den Seetagen bietet die "Aida Diva" ein Arsenal an Zerstreuung. Im Theatrium, einem Amphiteater im Herzen des Schiffs, finden regelmäßige Shows statt. 67 Animateure kümmern sich ums Entertainment der Gäste. Wer keinen Spaß am kollektiven Frohsinn hat, findet an Bord genügend ruhige Nischen, besucht Koch- oder Tanzkurse oder trainiert in einem Golf-Simulator auf Deck elf seine Abschläge. In einem abgetrennten FKK-Bereich auf dem Sonnendeck versuchen einige Gäste, sich bei 26 Grad Außentemperatur von ihrem Saunagang abzukühlen. Andere planschen im Pool, dösen an Deck in den Sonnenliegen oder lesen Urlaubslektüre.
Während amerikanische Kreuzfahrtschiffe möglichst schnell ablegen, damit die zollfreien Shops und das Spielcasino öffnen können, lassen sich Europäer mehr Zeit an Land, damit die Passagiere genügend Zeit für Stadtrundfahrten, Jeeptouren oder Tauchgänge haben. Dass solche Landgänge etwas anders aussehen als im Mittelmeer oder der Karibik, liegt auf der Hand: Wer im Bikini von Bord geht, macht sich unter Arabern sicher keine Freunde, selbst schulterfreie Tops sind nicht gern gesehen. Das erfährt man vorab in Vorträgen über arabische Sitten und Gebräuche, und bei Landausflügen ist stets der Guide dabei.
Landgang mit Weihrauch
Die Gäste wollen was erleben und zuhause etwas erzählen können: Von den weihrauchduftenden Gassen im Souk von Maskat, dem Basar der omanischen Hauptstadt mit ihren freundlichen Bewohnern, wo man um alles feilschen kann und die der Vorstellung von arabischer Lebensart wohl am nächsten kommt. Oder von der weiß und blau schimmernden Scheich-Zayid-Moschee in Abu Dhabi, die nur aus Respekt vor dem muslimischen Mutterland Saudi-Arabien lediglich die drittgrößte der Welt ist, dafür aber den weltweit größten Kronleuchter beherbergt.
Nicht immer entsprechen die Ausflüge den blumigen Prospektbeschreibungen. Wer einem gelangweilten Reiseführer dabei zuhören muss, wie er die Geschichte einer uralten Verteidigungsanlage in wenigen Minuten runterrasselt, oder für mehr als hundert Euro nicht nur einen stundenlangen Wüstentrip mit dem Jeep, sondern dank der übersteuerten Klimaanlage auch einen Schnupfen bekommt, wird sich beim nächsten Mal einige der teuren Ausflüge sparen und die Länder lieber auf eigene Faust erkunden - im Vertrauen auf die guten Englischkenntnisse und die hohe Sicherheit in den Emiraten.