Es war am frühen Abend des 6. September 1971 am Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel. 115 Passagiere stiegen in einen Jet der deutschen Fluggesellschaft Paninternational. Der Flug mit dem Kürzel DR112 sollte sie zusammen mit der sechsköpfigen Besatzung innerhalb von drei Flugstunden nach Málaga in Spanien bringen.
Doch unmittelbar nach dem Start der BAC-1-11-500 gegen 18.19 Uhr vernehmen die Passagiere zweimal einen Knall im Heck des erst ein Jahr alten Jets, wo sich die beiden Rolls-Royce-Triebwerke befinden. Im Cockpit registrieren Flugkapitän Reinhold Hüls und Copilotin Elisabeth Friske einen Leistungsabfall der Turbinen. An eine Rückkehr zum Flughafen ist nicht mehr zu denken. Sie steuern die damals noch in Bau befindliche A7 an, die Autobahn von Hamburg nach Kiel.
Der Crew gelingt mit brennenden Triebwerken eine fliegerische Meisterleistung. Sie können die Maschine auf der Fahrbahn aufsetzen, doch wegen eines abgebrochenen Fahrwerks den Jet kaum mehr unter Kontrolle halten und abbremsen. Das Flugzeug rast auf eine Autobahnunterführung bei dem Ort Hasloh zu.
Dann kommt es zur Katastrophe: Durch die Verengung reißen beide Tragflächen und das Leitwerk ab, der Rumpf zerbricht in drei Teile. Beim Aufprall stirbt eines der sechs Besatzungsmitglieder. Im brennenden Mittelteil gibt es die meisten Tote zu beklagen, insgesamt kommen 22 Menschen ums Leben. 99 Menschen überleben das Unglück, zum Teil schwer verletzt.
Kerosin statt Wasser
Der Pilot Reinhold Hüls galt mit 3000 Flugstunden als erfahren. Die Copilotin hatte erst weniger als zehn Flugstunden auf diesem Flugzeugmuster absolviert. Die 32-Jährige war vor 50 Jahren eine Ausnahmeerscheinung in der von Männern dominierten Cockpit-Welt, nämlich Deutschlands erste Jet-Pilotin.
Hinter ihnen lag an jenem Sommertag bereits ein langer Arbeitstag mit zehn Starts und Landungen, was auch ein Licht auf die damaligen Arbeitsverhältnisse wirft. Doch die Rahmenbedingungen hatten zunächst nichts mit der unmittelbaren Unglücksursache zu tun. Im Gegensatz zu anderen Flugkatastrophen fanden die Ermittlungsbehörden innerhalb weniger Tage den Grund für den Triebwerksbrand.

Zur Steigerung der Triebwerksleistung hatte Flugkapitän Hüls einen "Nassstart" angeordnet. Dafür wird aus Zusatztanks entmineralisiertes Wasser in die Brennkammern der Turbinen gespritzt. Doch im Fall von Flug DR112 war es ein explosives Gemisch aus Wasser und Kerosin, das die Triebwerke funktionsunfähig machte.
Wie kam es zu dem Fehler? Zuvor hatte bei Wartungsarbeiten an der Basis in Düsseldorf ein Mitarbeiter von Paninternational 100 Liter Kerosin in zwei 60-Liter-Kanister abgepumpt und diese im Lager abgestellt. Mit drei weiteren Wasserkanistern gelangten diese an Bord des Unglückfliegers. Erst in Hamburg wurde deren gesamter Inhalt für den Nassstart in die Zusatztanks umgefüllt. Beim Start gelangte zunächst das schwere entmineralisierte Wasser in die Brennkammern, dann das leichtere Kerosin – das Unglück nahm seinen Lauf.
Absturz in den Konkurs
Bei der Flugunfalluntersuchung stießen die Ermittler auf erhebliche Mängel bei den Wartungsarbeiten von Paninternational. Wegen "organisatorischer Defizite" gab es auch keine klaren Verantwortlichkeiten oder genaue Aufzeichnungen über die Wasser- und Kerosinbehälter. Das Unglück hatte sogar ein politisches Nachspiel, weil trotz der Auffälligkeiten das Luftfahrtbundesamt in Braunschweig zuvor nicht gegen Paninternational vorgegangen war.
Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss sollte klären, welche Rolle der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Wienand als jahrelanger Berater von Paninternational gespielt hatte. Zu einem endgültigen Ergebnis kam der Ausschuss jedoch nicht. Die Immunität Wienands wurde ihm später auch wegen weiterer Affären, der Beihilfe zur Bestechlichkeit und wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung, entzogen.
Für den Ferienflieger stellte sich das Unglück als Anfang vom Ende heraus. Die Flotte von vier BAC-1-11-500 und zwei Boeing 707 für die Langstrecke wurde stillgelegt. 1973 musste die Gesellschaft Konkurs anmelden. In einem Gerichtsverfahren wurden zwei Mitarbeiter von Paninternational wegen der fehlerhaften Befüllung der Kanister zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Die überlebende Copilotin übte weiterhin ihren Beruf aus. Bei einem zweiten Absturz, der sich am ebenfalls in Schleswig-Holstein ereignete, kam Elisabeth Friske am 31. Mai 1987 ums Leben. Sie saß im Cockpit einer Cessna Citation, die bei der Landung am Flughafen Lübeck-Blankensee zerschellte. Mit an Bord des Privatjets war der damalige Ministerpräsident Uwe Barschel. Aber das ist eine andere Geschichte.
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