Es geht aufwärts. Edwin Kornmann Rudi hat den obersten Knopf des Außenaufzugs gedrückt. In der engen Kabine lassen wir den Meeresarm IJ mit Fähren, Flusskähnen, Kreuzfahrtschiffen und das Areal der ehemaligen Werft Nederlandsche Scheepsbouw Maatschappij (NDSM) im Szenestadtteil Amsterdam Noord unter uns.
Der grauhaarige Mann in Jeans und T-Shirt nennt sich "alternativer Immobilien-Entwickler". Den 50 Meter hohen Stahlskelettkoloss hat er für einen symbolischen Euro erworben und zu einem "Übernachtungsevent für Schwindelfreie" umgebaut. Es gibt drei zweigeschossige Suiten, die im Kranturm übereinandergestapelt sind: "Free Spirit" auf 35 Metern, "Secret" auf 40 Metern und "Mystique" auf 45 Metern.
Kornmann Rudi drückt die Falttür zur zweigeschossigen Suite "Secret" auf, in der ich die Nacht verbringen werde. Die Decke leuchtet lilafarben wie die gemusterte Tapete der Wände und die Veloursvorhänge. Eine blaue Stahltreppe führt hinauf zur verglasten Kanzel, in der einst der Kranführer saß. Mich erwarten dort ein Bett mit Kuschelkissen und – ein Bad in einer Metallwanne aus Marokko.
Als es draußen dämmert, öffne ich die kleine Tür zu einer fußmattengroßen Stahlplatte, meinem "Balkon". Dünne Geländerstäbe trennen mich vom Abgrund. Vorsichtig schiebe ich einen Hocker hinaus und sehe hinüber zum Südufer des IJ, zu den Kirchtürmen der Innenstadt, überblicke Beach Bars und Restaurants unter mir und die zu Büros umgebauten Fabrikhallen der 1983 pleitegegangenen Werft. Vom Hauptbahnhof bringt einen die Fähre Nr. 906 in nur zehn Minuten her.

Eine kräftige Brise ruckelt mich in meinem "Hochbett" in den Schlaf und weckt mich mehrmals auf. Der Kranarm knarzt, er dreht sich mit den Suiten im Wind. Am Morgen wache ich mit neuer Perspektive auf. Ein herrliches Abenteuer ist zu Ende, das leider seinen Preis hat; allein die Nutzung des Whirlpools auf der obersten Plattform kostet 90 Euro extra.
Infos: Crane Hotel Faralda, Amsterdam, Niederlande, NDSM-Plein 78, Tel. 0031-20-760 61 61, www.faralda.com; DZ ab 895 Euro.
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