Wetter Unfälle, Knochenbrüche und gefrorene Milch

Der Winter geht in die nächste Runde: Neuschnee und Glätte führten in Norddeutschland erneut zu Chaos auf den Straßen. Die Hamburger Krankenhäuser kapitulieren angesichts der vielen Glätteopfer, und die Meteorologen empfehlen Eisbärenkostüme für Karnevalisten.

Spiegelglatte Straßen und frischer Schnee haben den Verkehr vielerorts in Deutschland wieder ins Rutschen gebracht. Mehrere Autobahnen wurden wegen der Glätte zeitweise gesperrt. In manchen Orten, etwa Eckernförde in Schleswig-Holstein, fielen die Busse aus. In Hamburg waren seit 1 Uhr 170 Streufahrzeuge unterwegs, trotzdem stockte der Autoverkehr auf vielen Einfallstraßen. "Die Autos schleichen auf den Autobahnen", sagte ein Sprecher der Verkehrsleitstelle am Mittwoch in Hamburg. In vielen Regionen blieb das Streusalz knapp und der Winterdienst eingeschränkt. Immer wieder kam es zu Unfällen, die meistens glimpflich ausgingen.

In Nordrhein-Westfalen wurden Teile der A2 und der A44 gesperrt. Dort ereigneten sich Unfälle mit Lastwagen, bei denen mehrere Menschen leicht verletzt wurden. Die A 1 im Landkreis Oldenburg (Niedersachsen) musste in Richtung Bremen seit Dienstagnachmittag für Stunden bis in die Nacht gesperrt werden. Die Einsatzkräfte orderten nach Angaben der Polizei Decken und Getränke, um die Menschen im Stau zu versorgen.

Salzlieferungen aus Marokko und Lettland

20.000 Liter Milch ergossen sich nach einem Unfall eines Tanklastzuges bei Egestorf (Niedersachsen) auf die A7, die Folge: die Milch gefror, musste abgekratzt werden, die Autobahn wurde mehrere Stunden in Richtung Süden gesperrt. Der Milchtransporter war auf schneeglatter Fahrbahn ins Schleudern geraten, als er wegen eines einscherenden Sattelzuges abbremsen musste. Der Fahrer wurde leicht verletzt. Auch in Teilen Schleswig-Holsteins und in Hamburg behinderten Schnee und Eis den Verkehr. In Südhessen kam es ebenfalls zu Unfällen mit Blechschäden.

Vielerorts fehlt den Winterdiensten weiter Streusalz. "Die Situation ist nach wie vor angespannt", sagte ein Sprecher des niedersächsischen Verkehrsministeriums. Die Hamburger Stadtreinigung sollte 1500 Tonnen Streusalz aus Marokko erhalten; das Schiff kam inzwischen im Hafen an. Die erste Lieferung Streusalz aus dem lettischen Ventspils traf am Mittwoch in Stralsund ein. Weitere vier Lastwagen werden am Freitag erwartet, teilte die Hansestadt mit.

Hamburger Krankenhäuser im Ausnahmezustand

Das Winterwetter mit eisglatten Fußwegen und Hunderten Knochenbruchpatienten hat die Hamburger Notfallkrankenhäuser an das Ende ihrer Leistungsfähigkeit gebracht. Am Mittwoch mussten zusätzlich zu den 19 Notfallkliniken vier Spezialhäuser in die Knochenbruch-Versorgung einsteigen. Innerhalb von 24 Stunden lieferte allein die Feuerwehr 348 Patienten nach Stürzen ein. "Das ist wie sonst nur an Silvester", sagte ein Feuerwehrsprecher. Die größte Krankenhauskette der Stadt, Asklepios, ist nach Angaben eines Sprechers "am Limit" angekommen. Knochenbruchpatienten werden schon auf alle Stationen verteilt, aber die Betten sind voll, wie er sagte.

In Hamburg sind seit Wochen Fußwege und Nebenstraßen mit dicken Eisschichten überzogen. Die Stadtreinigung räumt nur Hauptstraßen und Kreuzungen. Viele Anwohner vernachlässigen ihre Räumpflicht, und private Räumdienste sind von den Schneemassen überfordert. Die Feuerwehr hat rund 80 Rettungswagen praktisch dauernd im Einsatz, weil immer mehr Bürger ausrutschen und verletzt liegenbleiben. Die Stadt verteilt an vielen Plätzen inzwischen kostenlos Streumittel. Der Senat beschloss ein Notprogramm, wonach die Stadtreinigung zusätzlicher Arbeiter zum Eishacken einsetzen soll. Mehrere tausend Bürger riefen schon bei einer zentralen Telefonnummer der Stadtreinigung an, wo besonders schlimm vereiste Stellen gemeldet werden konnten.

Wetterdienst empfiehlt Eisbärenkostüm

Der Wetterbericht macht den Norddeutschen keine Hoffnung auf Tauwetter: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) sagt Dauerfrost, im Osten und Süden auch tagsüber teilweise unter minus 5 Grad voraus. An den Karnevalstagen kann es sogar minus 10 bis 15 Grad kalt werden, wie es hieß. Andreas Friedrich vom DWD empfahl den Narren wintertaugliche Kostüme für den Straßenkarneval. "Ein Tipp wäre zum Beispiel ein Eisbärenkostüm. Das kann man dann auch zur Tarnung benutzen, denn es steht wieder verbreitet Neuschnee ins Haus", sagte der Experte.

Dass sich die Kälte so zäh in Deutschland hält, liege vor allem an der dicken Schneedecke, die große Teile Mitteleuropas bedeckt. Sie sei die Grundlage für ein riesiges Kaltluftreservoir, das atlantische Tiefausläufer immer wieder abblocke, sagte Friedrich und zitierte eine Meteorologen-Faustregel: "Der Winter nährt den Winter."

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