Eilmeldung Union fordert bewaffnete Zugbegleiter

Berlin (dpa) - Die beiden mutmaßlichen Bahn-Bombenleger hatten nach Ansicht der Bundesregierung Unterstützer. «Mein Eindruck ist, dass da schon mehrere mitgewirkt haben im Hintergrund», sagte Innen-Staatssekretär August Hanning am Montag im ARD-«Morgenmagazin».

Man müsse prüfen, ob es Terrorstrukturen in Deutschland gebe, denn die Konstruktion der Bomben setze «einiges handwerkliches Geschick voraus». Gegen den am Samstag in Kiel festgenommenen 21 Jahre alten libanesischen Studenten wurde am Sonntagabend Haftbefehl erlassen. Unterdessen ging die Debatte über Sicherheitsvorkehrungen - vor allem über die Videoüberwachung - und die Anti-Terror-Datei weiter. Die Bahn kündigte an, ihre Sicherheitsmaßnahmen zu verstärken.Hanning forderte die Ausweitung der Videoüberwachung. Die SPD schloss sich dem im Grundsatz an. Über den Umfang der Überwachung gehen die Meinungen in der Partei jedoch auseinander. Fraktionsvize Ludwig Stiegler sagt im BR: «Wenn wir nicht eine Situation wie an den Flughäfen haben wollen mit Individualuntersuchung, dann wird es eben kollektive Überwachungsmaßnahmen geben müssen.» Sein Kollege Fritz Rudolf Körper warnte dagegen vor einer flächendeckenden Ausweitung. «Man muss nämlich auch aufpassen, dass man sich keinen Daten- und Informations-Müll zulegt, der dann so unübersichtlich ist und letztendlich nicht mehr effektiv und effizient ist», sagte der SPD- Fraktionsvize im SWR.Aus der Union kam nach den misslungenen Anschlägen auf zwei Regionalbahnen nach Koblenz und Hamm Ende Juli der Ruf nach bewaffneten Zug-Begleitern. Der CDU-Innenpolitiker Clemens Binninger forderte in der «Bild»-Zeitung (Montag) «so genannte Rail Marshalls, vergleichbar mit den Sky Marshalls auf vielen Flügen». Bahn-Vorstand Otto Wiesheu kündigte schärfere Kontrollen an, wies jedoch im BR unter Hinweis auf die Passagierzahlen Sicherheitsvorkehrungen analog zum Flugverkehr zurück. «Das geht beim Zug nicht so wie am Flughafen, dass man eine Stunde vorher da sein muss, damit man die entsprechenden Kontrollen durchläuft, damit man nachher dann eine halbe Stunde mit dem Regionalzug fährt.»Der Innen- und Rechtsexperte der FDP, Max Stadler, bezeichnete den Vorschlag bewaffneter Zugbegleiter als überlegenswert. «Ich lehne es nicht von vornherein ab», sagte er am Montag der dpa in Berlin. «Zugbegleiter sind mir lieber als Videokameras in jedem einzelnen Waggon.»Stadler bezweifelte allerdings, dass sich der Vorschlag umsetzen lässt. Schon jetzt fahre nicht in jedem Regionalzug ein Zugbegleiter mit. «Der Vorschlag wird rasch an personellen Kapazitäten scheitern.»FDP-Fraktionsvize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger brachte eine zentrale Gepäckabgabestelle in den Bahnhöfen ins Gespräch. Die Schließfächer seien ein Schwachpunkt. Bei einer zentralen Abgabe könnte das zur Aufbewahrung abgegebene Gepäck kontrolliert werden.Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte: «Wir müssen dringend Sicherheitslücken schließen, über die schon seit Jahren diskutiert wird.» Dazu gehörten die Verabschiedung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes und die Einführung der Anti-Terror- Datei, betonte er in der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung» (Montag). «Außerdem müssen wir über die Wiedereinführung der Kronzeugenregelung nachdenken.»Auch Schleswig-Holsteins SPD-Innenminister Ralf Stegner sprach sich für eine schnelle Einführung der Anti-Terror-Datei aus. «Ich bin sehr dafür, dass wir das nicht weiter zerreden, sondern das wir das jetzt endlich machen», sagte er im RBB. Die Trennung zwischen Verfassungsschutzbehörden und Polizei müsse eingehalten werden. SPD- Fraktionsvize Körper forderte die Länder jedoch auf, auf eine «Volltext-Datei» zu verzichten. Nur so könne der Quellenschutz gewährleistet werden. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) warnte in der «Berliner Zeitung» (Montag), die Terrorgefahr könne wachsen, wenn deutsche Soldaten im Nahen Osten eingesetzt werden und dies von den Einheimischen als Einmischung empfunden werde.Auf die Anti-Terror-Datei sollen sowohl Polizei als auch Geheimdienste zugreifen können. Eine «Volltext-Datei» würde dabei den direkten Zugriff auf sämtliche Informationen erlauben. Eine «Index- Datei» wäre dagegen eine Art Inhaltsverzeichnis über Informationen der verschiedenen Dienste, die dort dann erfragt werden könnten.

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