Mit Ausnahme natürlich für Ferrari-Pilot Felipe Massa. Bis auf die wenigen und vorübergehenden Passagen, in der sich Lewis Hamilton mit seinem leichten Silberpfeil geschickt an die Spitze tanken wusste, kontrollierte der Brasilianer das Rennen. Der im internen Titelrennen fast schon abgeschriebene Massa rückt damit den Weltmeister Kimi Räikkönen näher, der hinter Hamilton Dritter wurde. Aber der Finne musste sich auch mit einem angeschlagenen Auto auf den Podiumsplatz manövrieren.
Bir, iki, üc - für Massa ist es der dritte Erfolg im Istanbul Speed Park in Folge, im asiatischen Teil der Bosporus-Metropole hatte er 2006 seinen ersten Formel-1-Sieg überhaupt gefeiert: "Ich glaube, ich könnte jetzt hier einen Pass bekommen..." Insgesamt liegen nach dem vierten Ferrari-Sieg hintereinander in dieser Saison jetzt gleich zwei rote PS-Barone an der Spitze der Fahrer-Weltmeisterschaft, Massa (28) aber noch in gebührendem Abstand hinter Räikkönen (35). "Fantastisch, aber schwierig", freute sich der Sieger, der jetzt 200 Punkte für Ferrari eingefahren hat. Nachdem er von der Pole-Position aus auch als Erster in die erste Kurve stoßen konnte, war die Sache für ihn eigentlich schon unter Dach und Fach.
Heidfeld fuhr ein solides Rennen
Die beiden aussichtsreichsten der deutschen Piloten haben ihre Traumata fürs Erste hinter sich: Nick Heidefeld fuhr einen Tag nach seinem 31. Geburtstag mit seinem BMW ein solides Rennen auf Rang fünf nach Hause, Nico Rosberg rutschte mit dem Williams als Achter auf die Pünktchen-Position. Am auffälligsten, wenn auch mit Rang 13 nicht wirklich belohnt, agierte der Toyote Timo Glock - der Wersauer lieferte sich die besten Überholduelle mit dem durch einen Reifenschaden nach einer Startkollision mit Kimi Räikkönen früh nach hinten versetzten Heikki Kovalainen im McLaren-Mercedes. Adrian Sutil und Sebastian Vettel sahen zwar mal wieder die Zielflagge, aber als Vorletzter und Letzter. Die moderne Formel 1 gehorcht ganz der Reifenwahl, der (ausgereizten) Aerodynamik und des Strategiespiels. Die größten Differenzen in Istanbul ergaben sich immer dann, wenn die Rivalen mit den unterschiedlichen Gummi-Mischungen Weich/Hart unterwegs waren. Die weiche Variante wollte aber mit dem Asphalt nicht recht warm werden. Aber wir wollen nicht undankbar sein - ohne die Problemchen wäre die Überlegenheit von Ferrari größer geworden, und die Langeweile damit auch. Hamiltons ungewöhnliche, aber erfolgreiche Drei-Stopp-Strategie war eher die Folge einer Sicherheits-Taktik, nachdem der Brite im Vorjahr an gleicher Stelle ein Opfer überlasteter Pneus geworden war. "Ich bin sehr glücklich", versichert Hamilton glaubhaft, schließlich wahrt er mit 28 Punkten ähnliche Chancen wie Massa als bester Verfolger des Titelverteidigers.
Saftey-Car-Phase konnte Rennen nicht aufmischen
Selbst eine frühe Safety-Car-Phase konnte das Feld in der Türkei nicht wirklich aufmischen. Die Phantasie des Betrachters muss da weiterhelfen. So sahen die Sieger natürlich ein rosarotes Rennen und Mercedes-Sportchef Norbert Haug ebenso, die haben sich schließlich jetzt mal wieder angenähert. Herausforderer BMW rutschte auf die Stufe zurück, auf der man im Vorjahr schnell angelangt war: Als souveränes, aber einsames Bindeglied zwischen Spitze und Verfolgerfeld. "Mit dem Ergebnis sind wir zufrieden", bilanziert BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen nüchtern. Der selbst ernannte Jubilar Rubens Barrichello, der nach eigenen Angaben mit 257 Grand-Prix-Teilnahmen den bisherigen Ausdauer-Rekord von Riccardo Patrese übertroffen hat, fuhr als Vierzehnter ins Ziel. Das entspricht exakt seiner Perspektive, aber der 35-Jährige träumt trotzdem von 300 Rennen. An diesem Pfingst-Renntag ist sein Mitläufertum aber nicht weiter aufgefallen. Die spektakulärste Szene gab es noch im Vorprogramm, als im Rennen des Formel-1-Unterbaus GP2 Bruno Senna, der Neffe des großen Ayrton, bei Tempo 280 mit einem von zwei auf der Piste streunenden Hunden kollidierte. Auf solche Aufregung allerdings kann der Motorsport gut verzichten. Die Hoffnung gilt vielmehr dem nächsten Rennen: Das Rennwagen-Roulette von Monte Carlo verspricht zumindest von den Rahmenbedingungen her Abwechslung. Oder heißt es in zwei Wochen dann doch wieder: Alles auf Rot?