Interview "In Indianapolis vor Michael Schumacher ins Ziel kommen"

BMW-Motorsport-Direktor Theissen und Mercedes-Motorsport-Chef Haug zeigen sich in einem Interview optimistisch, in dem dramatischen Saisonfinale mit Ferrari die Nase vorne zu haben.

Das Interview mit BMW-Motorsport-Direktor Theissen und Mercedes-Motorsport-Chef Haug führte Volker Gundrum von der dpa.

Die Formel-1-WM ist spannend wie noch nie. Wie hat sich Ihr Team auf das Finale vorbereitet?

Mario Theissen:"Unspektakulär. Wir sind dabei, konsequent unser vorgesehenes Entwicklungsprogramm durchzuziehen für die letzten beiden Rennen. Natürlich bringt die Situation in beiden WM-Wertungen eine besondere Spannung in die letzte Phase der Saison. Das hat aber keinen Einfluss auf unsere Arbeitsweise."

Norbert Haug: "Wir haben sehr intensiv in Barcelona getestet. Kimi Räikkönen, David Coulthard und Alexander Wurz fuhren mit drei Autos an zwei Testtagen über 2500 Kilometer. Es war ein produktiver Test. Wir waren schnell und zuverlässig. Wir gehen gut vorbereitet in die letzten beiden Rennen der Saison."

Wird der Weltmeister schon in Indianapolis gekürt?

Theissen:"Ich gehe davon aus, dass in beiden Wertungen, also in der Fahrer-WM und in der Hersteller-WM, die Titelentscheidung erst in Suzuka fällt."

Haug: "Die meisten Prognosen wurden in dieser Saison über den Haufen geworfen. Michael Schumacher hat die Chance, in Indianapolis alles klar zu machen. Wir wollen das aber verhindern."

Wie wollen Sie den Rückstand in der Fahrerwertung auf Michael Schumacher aufholen?

Theissen:"Da gibt es nur einen Weg: Wir müssen vor ihm ins Ziel kommen. Das haben wir uns für Indianapolis vorgenommen."

Haug: "Das Ziel ist, zwei Mal vor Michael Schumacher ins Ziel zu kommen. Das ist möglich, Kimi war in den letzten sechs Rennen öfter vor Michael als Michael vor Kimi."

Haben Sie zu Saisonbeginn damit gerechnet, dass sie Ferrari und Michael Schumacher so stark unter Druck setzen können?

Theissen: "Keinesfalls. Wir haben Ende Januar erkannt, dass unser neues Auto, der FW25, nicht auf Anhieb die Erwartungen erfüllte. Im ersten Rennen in Melbourne war uns noch nicht klar, ob wir durch die Weiterentwicklung in der laufenden Saison den FW25 siegfähig machen können. Dass sich dann aber ab dem Rennen in Monaco die Siege eingestellt haben, zeugt von der guten Arbeit des gesamten Teams."

Haug: "Niemand konnte damit rechnen, dass BMW-Wiliams und West McLaren Mercedes so schnell zu den dominanten Ferrari aufschließen würden. Die Leistung beider Mannschaften ist deshalb umso höher einzuschätzen. Gewinner waren aber nicht in erster Linie diese Teams, sondern die Zuschauer. Die Spannung in diesem Jahr verglichen mit jener von 2002 ist wie Aufputschmittel gegen Schlaftablette."

Wer wird Weltmeister?

Theissen: "Im Saisonverlauf haben wir gesehen, dass man von einer Minute auf die andere viele Punkte verlieren kann. Angesichts dessen ist ein Abstand von drei Punkten zwischen den ersten beiden nicht einmal eine Vorentscheidung. Eine Prognose über den Titelträger abzugeben wäre Spekulation. Klar ist, wer nach dieser hart umkämpften Saison am Ende die Nase vorne hat, der hat es verdient."

Haug: "Ich hoffe, Kimi."

Hat der Fahrer- oder der Markentitel einen höheren Stellenwert für ihr Unternehmen?

Theissen: "Für BMW als Automobilhersteller und auch für Williams als Team hat der Markentitel besondere Bedeutung, denn wir sind in der Formel 1, um unsere technische Kompetenz unter Beweis zu stellen. Natürlich steht in der Öffentlichkeit der Fahrertitel höher im Kurs. Nicht nur deshalb wünschen wir Juan Pablo, dass er in dieser Wertung am Ende vorne steht."

Haug: "Der Fahrertitel steht klar im Blickpunkt. Für die Mannschaft ist der Konstrukteurstitel noch wertvoller, aber Weltmeister ist immer der Fahrer."

Was sollte sich in der neuen Saison in der Formel 1 ändern?

Theissen: "Ich hoffe, dass die Spannung nicht verloren geht. Beim sportlichen Reglement kann ich mir Verbesserungen durchaus vorstellen. Ich wünsche mir, dass im nächsten Jahr alle Teams wieder nach den selben Regeln testen. Das Einzelzeitfahren ist gut, aber leider gibt es keine Kontermöglichkeiten mehr. Da müsste man etwas ändern."

Haug: "Ich würde mir ein Testlimit wünschen, fünf Mal so viel zu testen wie Rennen zu fahren ist nicht der Weg der Zukunft. Zudem sollte man mehr für die Zuschauer tun, Autogrammstunden mit Fahrern, Boxengassenbesuche zum Beispiel ohne Aufpreis am Freitag. Das Rahmenprogramm muss verbessert werden bzw. überhaupt stattfinden und mittelfristig sollte eine Motorenformel beschlossen werden, die es möglich macht, mit reduzierten Budgets zu operieren."

DPA

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