Die Formel 1 nimmt nach einer Woche Pause wieder Fahrt auf – und präsentierte bei den Testfahrten in Barcelona gleich sensationelle Nachrichten aus dem Ferrari-Lager. Die große Frage: Droht der Königsklasse des Motorsports ein neuer Spionage-Skandal? Hintergrund: Ferrari überraschte am ersten Testtag auf dem Circuit de Catalunya die Konkurrenz mit einer revolutionär anmutenden Aerodynamik-Lösung. Zwei große Löcher am oberen Ende der Cockpit-Nase sollen dafür sorgen, dass die Boliden der Scuderia mehr Abtrieb erzeugen und so eine deutlich bessere Bodenhaftung erzielen.
Das Pikante dabei: Bilder und Zeichnungen dieses neuen Aeroynamik-Tricks tauchten bereits lange vor den ersten Ferrari-Testfahrten im italienischen Automagazin "Autosprint" auf. Eine Veröffentlichung, bei der Erinnerungen an den letztjährigen Formel-1-Spionage-Skandal wach werden. In der vergangenen Saison hatte der "Fall Stepney" für riesige Aufregung gesorgt. Damals verkaufte der Ferrari-Chefmechaniker fast 800 Seiten geheimer Dokumente an die direkte Konkurrenz. Der vermeintliche Nutznießer McLaren-Mercedes wurde von der FIA mit der gigantischen Geldstrafe von 100 Millionen Dollar belegt und verlor am Ende der Saison sämtliche Konstrukteurs-Punkte.
Wer hat geplaudert?
Jetzt schon wieder Spionage bei Ferrari? Ein Umstand, der im Lager der Italiener für Entsetzen sorgt. "Von diesem System haben nur ganz wenige gewusst", so Technikdirektor Aldo Costa. Insgesamt soll die Scuderia mehr als 20 neue Lösungen Aerodynamik-Lösungen aus dem hochmodernen Maranello-Windkanal parat haben. Da ist die interne Furcht groß, dass noch mehr geheime Vorgänge an die Öffentlichkeit geraten. Deshalb versuchen sie jetzt auch schnellstmöglich das Kommunikationsleck zu lokalisieren.
Für Formel-1-Experte Hans-Joachim Stuck sind derartige Lücken im Informationsgeflecht ein Ferrari-typisches Problem. "Das ist das berühmte italienische Chaos. Die Informationspolitik Ferraris ist eine ganz besondere Geschichte, da gerät schnell mal was nach außen", meint er gegenüber stern.de. "Die Ferrari-Leute sprechen nun einmal gerne mit Journalisten und da fällt schon einmal das berühmte Wort zuviel". Und eins sei auch klar: Überall dort, wo Kameras stehen, können von neuen Bildern und Lösungen auch Bilder gemacht werden. Da gibt es immer Löcher."
Vorbild BMW
Der perfekte Gegenpol zu Ferrari sei die Truppe von BMW-Sauber, meint Stuck. "Dort würde es so etwas wie bei Ferrari niemals geben. Das Team von Motorsportdirektor Dr. Mario Theissen arbeitet in aller Ruhe und die Erfolge in der laufenden Saison geben ihnen Recht. Dort herrscht ein perfektes Klima, seriös und ohne übertriebene Aufregung."
Auch ein Grund, dass sich der deutsch-schweizerische Rennstall nach drei absolvierten Rennen zur Überraschungsmannschaft gemausert hat und in die Phalanx der "Großen Drei" eingebrochen ist. Die momentane Führung in der Konstrukteurs-Wertung spricht eine klare Sprache. "BMW hat in den ersten drei Rennen einfach den besten Job aller Teams gemacht und alle Entwicklungen konsequent nach vorne getrieben", so Stuck zu stern.de. "Das Gesamtpaket reicht ganz nah an das von Ferrari heran und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie ihr erstes Rennen gewinnen." Zumal McLaren-Mercedes in der Krise steckt. Stuck: "Die haben ein Fahrerproblem. Lewis Hamilton ist nervös, weil sein neuer Kollege Heikki Kovalainen stärker ist als angenommen. Deshalb macht er Fehler, die man von ihm bislang nicht gesehen hat."
Die Rivalen der Rennbahn – Spannung ist vorprogrammiert. Ferrari, BMW und Mercedes, dazu ein neuer Spionage Skandal? Ferrari wird alles tun, die momentane Vormachtstellung zu festigen. Dazu gehört auch, schnellstens die Informationslücken zu stopfen.
