Bayern gegen Cristiano Ronaldo Der Gockel ist los

Von Klaus Bellstedt, Madrid
Er ist der teuerste Fußballer der Welt - und so spielt er derzeit auch: Cristiano Ronaldo. Schaffen es die Bayern am Abend in Madrid, Reals genialen Schönling auszuschalten, wäre viel geschafft.

Wer in diesen Tagen mit wachem Blick durch Madrid spaziert, kommt an ihm einfach nicht vorbei: Cristiano Ronaldo. Reals Superstar grüßt von jeder zweiten Ecke. Überlebensgroß und von Werbeflächen. Mal preist er die neuesten Kreationen seines Fußballschuhsponsors an, mal ist er Testimonial eines großen Motorölherstellers. Schmierig, ja auch das ist Ronaldo. Nicht zuletzt wegen seiner Gelfrisur. Aber "CR7", so wird Ronaldo wegen seiner Initialen und der Rückennummer bei den "Königlichen" in Spanien nur genannt, ist derzeit vor allem eines: der beste Fußballer der Welt.

Genau genommen seit dem vergangenen Wochenende. Da erzielte der 27-Jährige den 2:1-Siegtreffer im Clàsico beim FC Barcelona. Damit gewann der portugiesische Superstar auch sein privates Duell gegen Lionel Messi, den er an diesem Meilenstein-Abend in Sachen Meisterschaft klar in den Schatten stellen konnte. Im Kampf um die Torjägerkrone in Spanien übernahm Ronaldo mit unglaublichen 42 Saisontreffern zudem wieder die Führung vor dem Argentinier.

Nur im Kollektiv zu stoppen

Auch in der laufenden Champions-League-Saison traf Ronaldo schon acht Mal. In München beim Halbfinal-Hinspiel bereitete er das so wichtige Ausgleichstor von Mesut Özil vor. Die Spanier verloren zwar die Partie noch durch den Last-Minute-Treffer von Mario Gomez mit 1:2. Aber eben weil dieser eine Treffer gelang, stehen Reals Chancen gut, trotz der Niederlage das Endspiel von München zu erreichen. Denn schon ein 1:0-Erfolg würde aufgrund der Auswärtstorregel ja reichen. Vor sieben Tagen in der Allianz-Arena zog der Offensivallrounder nicht die große Show ab, die man von ihm kennt. Aber außergewöhnliche Fußballer zeichnet es aus, dass mit ihnen immer zu rechnen ist - selbst an schlechten Tagen.

Von denen erlebte Ronaldo in dieser Saison vielleicht gerade einmal eine Handvoll. Es ist kaum zu glauben: Real Madrids Offensivabteilung erzielte in der Primera Division in 34 Partien sagenhafte 109 Tore. Und Ronaldo war fast immer daran beteiligt. Wenn er nicht selbst trifft, bereitet er vor. Tritt beides nicht ein, ist der Portugiese oft genug Ausgangspunkt für Reals nächste Angriffswelle. Seine Tempodribblings garniert mit diversen Übersteigern sind nicht nur Ronaldos Markenzeichen, sie lassen auch regelmäßig Gegenspieler entnervt zurück. Philipp Lahm wird im Bernabeu-Stadion auf ihn treffen. Aber die Bayern werden den teuersten Fußballer der Welt, der 2009 für die Summer von 94 Millionen Euro von Manchester United nach Madrid wechselte, nur im Kollektiv stoppen können - wenn überhaupt.

Ein Narziss, wie er im Buche steht

Denn es sind ja nicht nur Ronaldos Dribblings, die Hüftwackler und seine Angezocktheit vor dem gegnerischen Tor, die ihn so gefährlich machen. Wer auch nur ein einziges Mal gesehen hat, wie der Mann Freistöße schießt, kommt sich vor wie im Theater. Es ist ein Schauspiel: Zunächst wird das Spielgerät kunstvoll und mit viel Akribie auf dem Rasen hergerichtet, es folgen exakt fünf Rückwärtsschritte, schließlich wird breitbeinig und in John-Wayne-Pose auf die Freigabe des ruhenden Balles durch den Schiedsrichter gewartet. Es ist die perfekte Selbstinszenierung. Das Wie ist die eine Sache, das Produkt dann ebenso beeindruckend. Seit Roberto Carlos schießt kein Fußballer auf der Welt Freistöße mit so unberechenbaren Flugkurven. Dafür fürchten sie ihn - auch bei den Bayern. "Es ist jetzt nicht so, dass ich weiche Knie bekomme, wenn ich ihn gegenüberstehe", sagte zwar Mario Gomez im Vorfeld der Partie, aber eine gehörige Portion Respekt war dabei zwischen den Zeilen doch herauszuhören.

Die Fans von Real Madrid lieben Cristiano Ronaldo wegen seiner besonderen Art, Fußball zu spielen. In den anderen Stadien dieser Welt schlägt ihm oft Abneigung entgegen - vor allem natürlich in Barcelona. Dort im Camp Nou hatte er sich vergangenen Sonnabend mal wieder richtig beliebt gemacht. "Calma calma, calma", rief der Portugiese nach seinem Siegtreffer in Richtung der gegnerischen Fans, "immer schön ruhig bleiben". Die Jubelszene wurde mit eindeutigen Gesten untermauert: Wie ein Gockel schritt Ronaldo über den halben Platz, Brust heraus, Nase Richtung Fußball-Gott. Ein Narziss, wie er im Buche steht. Das ist die andere Seite des Cristiano Ronaldo, der sich in der Form seines Lebens befindet.

90 Minuten im Bernabeu sind lang

Jetzt also das "Finale" gegen die Deutschen. Für ihn laufe es gut, sagt er bescheiden, natürlich wolle er gegen die Bayern "genauso weiter machen". Aber: Auch Ronaldo hat großen Respekt vor den Münchnern. Er erwartet "ein Treffen mit Adrenalin, einen Kampf bis zum Ende". Besonders müsse Madrid sich "auf die Vier vorne fokussieren", mahnt er. "Einer von ihnen", da ist er sicher, "wird versuchen, den Unterschied auszumachen."

Was die Bayern am Mittwochabend erwartet, machte das Sportblatt "Marca" am Dienstag auf der Titelseite auf Deutsch in Anlehnung an einen Spruch von Reals Klub-Legende Juanito deutlich. "90 Minuten im Bernabeu sind sehr lang", stand da. Es las sich wie eine Drohung. Und auch "CR7" hatte am Tag vor dem großen Spiel dann doch noch eine ähnlich forsche Aussage parat. Natürlich: "Wer in Barcelona gewinnt, weiß auch, wie man gegen Bayern spielen muss." Auch das klang wie eine Drohung. Falsch, es war eine. Der Gockel ist heiß.

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