Pöbeln, Tritte, Schläge Berliner Fußball-Klub engagiert Bodyguards, um Schiedsrichter zu schützen

Amateurfußballschiedsrichter
Amateurfußballschiedsrichter leben gefährlich (Symbolbild)
© firo Sportphoto/ Jürgen Fromme / Picture Alliance
Auf den Fußballplätzen der Republik sind Pöbeleien und Gewalt an der Tagesordnung. Besonders oft betroffen sind Schiedsrichter. Ein Berliner Verein handelt jetzt auf eigene Faust – und stellt Bodyguards an.

Gewalt gegen Schiedsrichter ist ein Riesenproblem im Amateurfußball. Die Unparteiischen werden an jedem Wochenende bepöbelt, bedroht und manchmal auch körperlich attackiert, so wie jüngst bei einem Vorfall in Südhessen. Da schlug ein Spieler den Schiedsrichter bewusstlos, der daraufhin einige Tage im Krankenhaus lag. 

Das Phänomen existiert bundesweit. In Berlin wusste sich die Zunft der Unparteiischen zuletzt nicht anders zu helfen, als ein ganzes Wochenende zu streiken. Rund 1600 Partien im unterklassigen Bereich fielen aus. In der vergangenen Saison wurden nach offiziellen Angaben 150 Vorfälle von Gewalt gegen Schiedsrichter registriert. In der aktuellen Saison ist die Situation eskaliert. Seit Sommer gab es bereits 109 Fälle von Gewalt und Diskriminierung auf Berliner Plätzen. In 53 Fällen waren Schiedsrichter die Opfer – und die Saison ist noch jung.

Eine Security-Firma soll Schiedsrichter schützen

Zu drastischen Maßnahmen greift nun der Berliner Verein Friedenauer TSC. Der Club beauftragte auf eigene Faust eine Sicherheitsfirma, bei bis zu fünf Heimspielen der Männermannschaften die Unparteiischen zu schützen. Bis zum Ende der Hinrunde sollen die Kosten für die Sicherheitsfirma rund 5000 Euro betragen, wie die "Bild“-Zeitung berichtet. 

"Bei uns gab es keine Gewalt gegen Schiris. Aber um die Sicherheit auch in Zukunft zu gewährleisten, haben wir uns dazu entschlossen", sagte Ronny Herms, Mitglied im TSC-Vorstand, der Zeitung. "Worte und Banner sind nicht genug!" Die Kosten für die Security-Firma muss der Verein selbst aufbringen. Herms: "Das fällt schwer - aber die Sicherheit ist es wert."

Der Schiedsrichter-Ausschussvorsitzende des Berliner Fußball-Verbandes, Jörg Wehling Wehling findet die Maßnahme "grandios". Er fordert einen geregelten Einsatz von Sicherheitskräften bei Fußballspielen. "In Sachsen müssen die Vereine bei Spielen mit einer bestimmten Zuschaueranzahl eine bestimmte Zahl an Ordnern stellen. Das ist eine lobenswerte Richtung", sagte Wehling der Deutschen Presse-Agentur. Der BFV müsse eben solche Strukturen schaffen, um Schiedsrichter vor Angriffen zu schützen.

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DFB und Politik sind alarmiert

Sogar beim DFB, der in solchen gesellschaftlichen Fragen oft schwerfällig reagiert, ist man sich der brisanten Lage offenbar bewusst. Nach dem Vorfall in Südhessen erklärte der Verband das Problem der zunehmender Gewalt gegen Amateur-Schiedsrichter zur Chefsache und sagte den Unparteiischen die volle Unterstützung zu. "Die zahlreichen Gewalttaten, Respektlosigkeiten und Übergriffe gegen Schiedsrichter auf den Amateurplätzen schockieren auch uns, wir sind bestürzt, fassungslos und betroffen", heißt es in einem von DFB-Präsident Fritz Keller, den Vizepräsidenten Rainer Koch und Ronny Zimmermann sowie Generalsekretär Friedrich Curtius unterzeichneten Brief. "Wir lassen Sie nicht allein!", versicherten sie.

Auch die Politik ist alarmiert. Der auch für den Sport zuständige Innenminister Horst Seehofer sieht ein generelles gesellschaftliches Problem. "Das ist ein starkes Zeichen für die Verrohung in unserer Gesellschaft, die mittlerweile auch im Sport sehr um sich greift", sagte der CSU-Politiker am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Das Problem müsse über Strafverfahren in den Sportverbänden geregelt werden. Er sei bereit, "als Moderator und als Initiator" tätig zu werden, etwa mit einem Runden Tisch. Sein Ministerium werde die Verbände zu dem Thema befragen. 

Quellen: "Bild", rbb

DPA
tis mit Agentur

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