Jürgen Klinsmann forderte die Profis nochmals auf, die Regeln der Zusammenarbeit einzuhalten. Den Rauswurf des Dortmunders Wörns will der Bundestrainer als "klares Signal" verstanden wissen: "Jeder muss sich in den kommenden Wochen in den Dienst der Gemeinschaft stellen und Eigeninteressen dürfen keine Rolle spielen. Wir haben bei der WM gegen Topteams wie Argentinien und Brasilien nur dann eine Chance, wenn alle zusammenhalten."
Wer Klinsmanns Fußball-Philosophie kennt und wer seine Arbeit als Bundestrainer seit Juli 2004 intensiv verfolgt hat, den können die jüngsten spektakulären Maßnahmen des 108-maligen Nationalstürmers nicht überraschen. Vor dem ersten Länderspiel des WM-Jahres am kommenden Mittwoch in Florenz gegen Italien hatte er mit einer Nicht-Nominierung zunächst dem Schalker Kevin Kuranyi einen Denkzettel für einige Nachlässigkeiten verpasst. Dann bootete er den 33-jährigen Wörns aus, als dessen Kritik zu heftig und persönlich wurde. Als "link und unehrlich" hatte Wörns den Umgang von Klinsmann bezeichnet. Davon könne keine Rede sein, betonte der Bundestrainer. Die sportliche Leitung habe Wörns das Konzept immer erläutert.
Wörns passt nicht in Klinsmanns Neuordnung
Wörns hatte mit seinen wiederholten verbalen Angriffen auf Klinsmann, auch wenn der Ärger über seine Nicht-Berücksichtigung für das Spiel in Italien auf Grund der guten sportlichen Leistungen in den vergangenen Wochen verständlich ist, die wichtigste Grundlage für eine gemeinsame Perspektive verletzt. "Das Fundament aller Arbeit ist Respekt", betonte Klinsmann immer wieder. Klinsmann fordert seinen Spielern die Bereitschaft ab, nach seiner Philosophie zu arbeiten. "Wir haben ihnen immer wieder gesagt, wenn einer nicht mitzieht, wenn er meint, er braucht es nicht, dann ist das Thema schnell erledigt." Dies würde ausnahmslos für alle gelten. Schließlich gehe es nicht um irgendeinen nationalen Titel, sondern das Größte, was ein Fußballer überhaupt erreichen kann: um den WM-Titel - und das noch im eigenen Land.
Der einstige Auswahl-Mitspieler Wörns passt nicht mehr in Klinsmanns Neuordnung und seine Spielphilosophie, die schon von den Abwehrspielern das sofortige Umschalten in die Offensive, Mut statt Sicherheitsdenken und das schnelle Pass-Spiel fordert. Für den klassischen Manndecker, für den Beißer ist kein Platz, auch wenn Klinsmann damit angesichts der fehlenden Spielpraxis von Christoph Metzelder und Robert Huth ein hohes Risiko eingeht. Bereits beim Confederations Cup als WM-Generalprobe im Sommer 2005 hatte der Bundestrainer auf Wörns verzichtet, dessen DFB-Karriere seit dem ersten von 66 Länderspielen am 22. April 1992 in Prag gegen die Tschechoslowakei (1:1) mit viel Pech verbunden ist.
Gradmesser: Auftritt bei der WM
Um seine Vorstellungen durchzusetzen, ist der Reformer Klinsmann seit dem ersten Tag als Bundestrainer kompromisslos. Er setzte seine Vertrauten wie Joachim Löw und Andreas Köpke durch, er ging mit Manager Oliver Bierhoff und amerikanischen Fitness-Expertern ganz neue Wege. Und er verabschiedete Mitarbeitern wie die Torwart-Legende Sepp Maier, die seinem Weg nicht vorbehaltlos folgten. Klinsmann will dem deutschen Fußball ein neues, frisches Bild geben. Vertreter des alten Stils, zu denen eben Wörns oder auch Dietmar Hamann gehören, passen da nicht. Als Gradmesser für all seine Maßnahmen lässt der Bundestrainer ohnehin nur eins gelten: den Auftritt bei der WM.
DPA