In einem Nervenspiel gegen den Gastgeber und Underdog aus Österreich qualifizierte sich das das Team von Bundestrainer Jogi Löw mit einem schwachen aber durchaus verdienten 1:0-Erfolg für das Europameisterschafts-Viertelfinale gegen Portugal. Man merkte unserer Elf die Verunsicherung nach der Kroatien-Pleite von Beginn an an. Ich bin sicher, dass auch die Berichte und Artikel über die "Schmach von Cordoba" irgendwo tief im Hinterkopf steckten, denn nur so sind bestimmte Dinge des gestrigen Abends zu erklären. Es war für mich genau das Spiel, welches ich erwartet hatte: Wir, die große Fußballnation hatten etwas zu verlieren und der vermeintlich kleine Bruder aus dem Alpenland wollte gewinnen. Doch sie konnten nicht.
Unsere Mannschaft spielte zu Beginn gut und druckvoll nach vorne, also genau so wie wir Bundestrainer Jogi Löw in den letzten Tagen erlebt haben. Kämpferisch und voller Tatendrang, und wer weiß was passiert wäre, wenn der momentan völlig neben sich stehende Mario Gomez zu Beginn aus einem Meter frühzeitig das 1.0 erzielt hätte. Doch es kam anders. Mit zunehmendem Spielverlauf wurde unsere Elf immer zaghafter und zögerlicher, während die Österreicher nahezu überhaupt keine Mittel hatten, um uns in Verlegenheit zu bringen. Die Qualität dieses Kicks war grenzwertig und lebte eigentlich nur von der Spannung das ja irgendwie etwas passieren könnte. Spätestens nach dem unglaublichen Freistoss-Kracher von Michael Ballack war die Partie entschieden, denn von diesem Zeitpunkt an hatte ich das Gefühl, dass die Österreicher aufgegeben haben. Sie haben einfach qualitativ nichts entgegenzusetzen gehabt und haben es unserer Abwehr um Per Mertesacker sehr leicht gemacht das Spiel über die Zeit zu bringen.
Mannschaft muss sich steigern
Insgesamt war das allerdings viel zu wenig, um den Titel zu gewinnen. Eine relativ stabile Abwehr reicht in den nächsten Partien nicht aus, um die Portugiesen im Viertelfinale oder andere Teams später im Turnier in Gefahr zu bringen. Ein Sturm ohne Selbstvertrauen, in dem Mario Gomez scheinbar mehr mit einem möglichen Wechsel nach der EM beschäftigt ist und ein fleißiger aber glückloser Miro Klose, reicht nicht.
Ebenso ist die Torgefahr der Mannschaft insgesamt zu bemängeln. Aus dem Spiel heraus gibt es zu wenige torgefährliche Aktionen und ob Lukas Podolski weiter im Mittelfeld spielen und nicht für Mario Gomez in den Sturm rücken sollte lasse ich mal offen. Fest steht für mich, dass wir eine erhebliche Steigerung im kommenden Spiel gegen Portugal brauchen um das Viertelfinale zu überstehen. Das bislang erreichte Niveau reicht dafür bei weitem nicht aus.
WM-Stimmung nicht erreicht
Noch ein Wort zur Stimmung in Deutschland. Ich habe das Spiel auf einer Public-Viewing-Veranstaltung in Essen mit mehreren Tausend anderen Fußball-Fans geschaut und ich muss sagen, dass es beeindruckend ist, wie positiv die Stimmung vor und während des Spiels war. Nach dem Spiel allerdings gingen alle doch rasch wieder ihre eigenen Wege.
Die Euphorie der Weltmeisterschaft im eigenen Land ist noch lange nicht erreicht und ist sicherlich auch ein Gradmesser wie unser Team bislang aufgetreten ist. Vielleicht ist die Bürde des Mit-Favoriten doch zu schwer und die Unbekümmertheit ist verflogen. Ich hoffe, dass unsere Mannschaft gegen Portugal über sich hinaus wächst, denn nur so ist es aus meiner Sicht möglich ins Halbfinale dieser Euro 2008 einzuziehen.
Bis dahin,
Thomas Strunz