FC Bayern München Die Risse werden tiefer

Von Klaus Bellstedt
Es sollte der große Befreiungsschlag werden, die Partie gegen Lyon. Doch das müde 1:1 des FC Bayern München in der Champions League offenbarte, dass die Problemfelder für Jürgen Klinsmann eher wachsen, als dass sie verschwinden. Das hat auch etwas mit Franck Ribéry zu tun.

Eigentlich sollte die Partie gegen Olympique Lyon für die Bayern so etwas wie ein Brustlöser werden. Nach den beiden Niederlagen in der Bundesliga sollte der französische Serienmeister die ganze aufgestaute Wut der vergangenen Wochen zu spüren bekommen - rein spielerisch, versteht sich. Am Ende sprang ein müdes 1:1-Unentschieden dabei heraus. Stagnation statt Befreiungsschlag, wenn überhaupt. Von Spiel zu Spiel wird offensichtlicher, dass das Gesamtgebilde FC Bayern München unter Jürgen Klinsmann mehr einem Mosaik aus Problemfeldern ähnelt, als einem intelligent gestalteten Kunstwerk, das sich die Bosse vor der Saison noch so gewünscht hatten. Das Remis gegen Lyon, da konnten die Herrn Rummenigge und Hoeneß in der Analyse noch so sehr beschönigen, offenbarte diese Tatsache eindrucksvoll.

Problemfeld Nummer 1: Mark van Bommel. Der Kapitän außer Dienst kommt sich nach der erneuten Degradierung in der Champions League mittlerweile veralbert vor. Kann man verstehen: Klinsmann machte den Holländer vor der Saison selber zu seinem verlängerten Arm auf dem Platz. Jetzt, nach zehn Pflichtspielen der Bayern, sagt der Coach: "Mark muss lernen, unser Spiel zu verstehen. Er hat Probleme in der Umsetzung." Wer den gleichsam sensiblen, wie in jeder Hinsicht konsequenten Mittelfeldabräumer kennt, der weiß, dass er sich dieses Possenspiel nicht viel länger antun wird. Rund um die Allianz-Arena gab es unittelbar nach dem Spiel gegen Lyon bereits erste Gerüchte, dass van Bommel vielleicht sogar schon vor dem Spiel gegen Bochum am nächsten Samstag sein Kapitänsamt niederlegen wird. Für Klinsmann wäre das eine mittlere Katastrophe. Eine mittlere Hierarchie-Katastrophe. Wer außer van Bommel ist in der Lage, den Bayern-Laden zusammenzuhalten?

Borowski verzweifelt

Problemfeld Nummer 2: die allgemeine Unzufriedenheit innerhalb der Mannschaft. Auch hierfür zeichnet Klinsmann in großen Teilen selbst verantwortlich. Können Sie sich noch an Toni Kroos erinnern? Vor der Saison wurde der Youngster vom Trainer mit Vorschusslorbeeren noch und nöcher ausgestattet. Im Eröffnungsspiel gegen den HSV durfte Kroos gleich 90 Minuten ran, genauso wie im Pokalspiel bei Rot-Weiß Erfurt. Kroos spielte gut, er bewahrte den FCB gegen den Drittligisten sogar vor einer Blamage. Wochen später, am späten Dienstagabend nach dem Match gegen Lyon, verlässt ein ausgemusterter Kroos in Zivil, von Klinsmann mittlerweile nicht mal mehr in den Kader berufen, grußlos und unterirdisch gelaunt die Bayern-Kabine. Kroos steht für Kreativität und Spielfreude, Tugenden, die dem Spiel des Rekordmeisters im Herbst 2008 sehr gut zu Gesicht stehen würden. Allein, Klinsmann lässt ihn nicht.

Er lässt auch Tim Borowski nicht. Der Ex-Bremer verzweifelt langsam an der Isar. Borowski kann machen, was er will, über den Status des Ergänzungsspielers kommt er einfach nicht heraus. Gegen Lyon wieder nur für acht Minuten eingewechselt, wie will man da Selbstvertrauen aufbauen? Phlegmatische Typen wie Borowski stecken da ganz schnell den Kopf in den Sand. Klinsmann fordert von seiner Mannschaft, dass sie sich selbst finden soll. Aber wie soll das gehen, bei all der Experimentiererei? Bei all dem Rotieren wächst bei den Spielern nur die Angst vor dem nächsten Fehler. Ist der gemacht, sitzt man "eh" wieder auf der Bank. Genauso denken Spieler. Von wegen "Mir san mir"! Über Kroos spricht kein Mensch mehr, was mit Borowski passieren wird, steht in den Sternen.

Ribery übt Kritik am Training

Ein Problemfeld stellt das Schicksal von Lukas Podolski für die Bayern-Bosse schon längst nicht mehr dar. Podolski säße völlig "zu Recht" auf der Bank, antwortete Manager Hoeneß leicht entgeistert auf die Frage, warum der Stürmer gegen Lyon wieder nur Ersatzmann war. Womit eindrucksvoll bewiesen wäre, dass das Tischtuch zwischen Podolski und der Bayern-Führung inklusive Trainer endgültig zerschnitten sein dürfte. Trennung im Winter mehr als wahrscheinlich. Zum Glück für Jürgen Klinsmann ist der junge Kölner Angreifer so gestrickt, dass er sich längst in sein Schicksal ergeben hat. Für den Konkurrenzkampf in Klinsmanns lahmendem Sturm ist das Gift.

Ein letztes, intern mittlerweile heiß diskutiertes Problemfeld, könnte für den Trainer vielleicht sogar einmal zum Verhängnis werden. Nicht jetzt und auch nicht in einem Monat, aber möglicherweise doch schneller, als alle denken. Die Rede ist von den Trainingsmethoden. Nach stern.de-Informationen soll sich Superstar Franck Ribéry bei Manager Hoeneß vor der Partie gegen Lyon über das harte Training unter Klinsmann beschwert haben. Er sei müde und Yoga sowie Gymnastikbänder würden ihn nicht weiterbringen. Ausgerechnet Ribéry, mag Klinsmann gedacht haben. Wo der kleine Franzosen doch eigentlich die Lebensversicherung schlechthin für den neuen Trainer sein sollte. Es wird nicht einfacher für Jürgen Klinsmann, es wird immer schwieriger.

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