Fußball-Bundesliga Der "Torwart-Titan" und seine Titel-Patzer

Nicht nur Manager Uli Hoeneß war restlos bedient. Wortlos suchte er nach dem Abpfiff im Münchener Olympiastadion das Weite. Den Untergang gegen den neuen Meister aus Bremen hatte zuvor Oliver Kahn mit Anfängerfehlern eingeleitet.

Für den vorlauten Sprücheklopfer Uli Hoeneß war es eine schallende Ohrfeige, für den endgültig vom "Titanen"-Sockel gestürzten Oliver Kahn der nächste Albtraum: Auch wenn der Triumph des SV Werder Bremen im Münchner Olympiastadion eine Demütigung des gesamten FC Bayern war, die größten Verlierer beim 1:3 (0:3)-Schock gegen den neuen deutschen Fußball-Meister waren der Manager und der Kapitän des entthronten Titelverteidigers.

Hoeneß wurde nach seiner vollmundigen Ankündigung, die Bremer im direkten Duell "niedermachen" und "wegfegen" zu wollen, von einer Mannschaft im Stich gelassen, die den unrealistischen Forderungen des Managers nicht gewachsen war. "Zum ersten Mal waren wir selber beeindruckt von unseren Worten", gab Nationalspieler Michael Ballack zu: "Wir haben gebrannt unter der Woche, darum ist es unerklärlich, dass wir so eine erbärmliche erste Halbzeit hingelegt haben."

Wortlos ins Weite

Hoeneß verfolgte auf der Bayern-Bank mit hochrotem Kopf die Gegentreffer von Ivan Klasnic (19.), Johan Micoud (26.) und Ailton (35.). Direkt nach dem Abpfiff gratulierte er Werder-Trainer Thomas Schaaf und Sportdirektor Klaus Allofs noch kurz zum Titelgewinn, dann suchte der abgestrafte Manager wortlos das Weite.

Auch Kahn stellte sich keinen Fragen, nachdem er mit seinem Anfängerfehler beim ersten Gegentor von Klasnic den Untergang eingeleitet hatte. Einmal mehr in dieser Saison war der einstige Erfolgsgarant der Anfang vom Ende. Nach dem groben Patzer gegen Real Madrid in der Champions League und einem Fehler beim DFB-Pokal-K.o. gegen den Zweitligisten Alemannia Aachen trug Kahn auch beim dritten und letzten verspielten Titelgewinn eine entscheidende Mitschuld.

"Das ist die Ironie des Schicksals, dass unser bester Mann diesen Fehler macht", sagte Trainer Ottmar Hitzfeld nachsichtig. "Es war ein Torwartfehler, und sicherlich nicht der erste in diesem Jahr", erklärte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der Kahn aber wie DFB- Teamchef Rudi Völler nicht zum alleinigen Sündenbock stempeln wollte. "Ollis Fehler ist nicht der Grund dafür, dass Bayern nicht Meister geworden ist", meinte Völler. Einen mentalen Knacks seiner Nummer eins für die Europameisterschaft befürchtet er nicht: "Nein, das passiert nicht. Da muss er jetzt durch. Er ist erfahren genug."

"Spiel war symptomatisch für die Saison"

Augen zu und durch - dieses Motto kann für den FC Bayern nach einer enttäuschenden Saison ohne Titelgewinn nicht gelten. Und dass ausgerechnet der von Hoeneß nach der 0:6-Klatsche gegen Bremen übel beschimpfte Hamburger SV dem Rekordmeister mit seinem Sieg gegen den VfB Stuttgart Schützenhilfe im Kampf um Platz zwei leistete, wirkte wie zusätzlicher Hohn. "Wir müssen jetzt Platz zwei sichern. Und im Urlaub muss jeder darüber nachdenken, was er besser machen kann. Das Spiel heute war symptomatisch für die Saison", sagte Nationalspieler Jens Jeremies. "Wichtig ist, dass wir uns direkt für die Champions League qualifizieren. Dann steht der Verein wenigstens finanziell noch gut da", betonte Hitzfeld.

Der Trainer forderte vehement Verstärkungen für die kommende Saison: "Es fehlt uns schon an spielerischer Substanz. Wir brauchen frisches Blut." Neue personelle Impulse müssen gesetzt werden, wozu auch die Position des Trainers gehören könnte. Die Spekulationen um einen Wechsel von Hitzfeld zu Felix Magath schon in diesem Sommer werden nach der "Lektion" (Rummenigge) gegen Werder nicht abreißen. "Eine Höchststrafe kann auch lehrreich sein", bemerkte Rummenigge pauschal. Torjäger Roy Makaay, der nach der Pause sein 23. Saisontor (56.) erzielte, will Hitzfeld - wenn möglich - einen würdigen Abgang verschaffen: "Nächstes Jahr muss man mit einem Titel Abschied vom Trainer nehmen. Das hat er sich verdient."

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Klaus Bergmann und Andrea Wimmer/DPA

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