International Die Gründe für die Arsenal-Krise

Der FC Arsenal steckt in einer schwierigen Saison, die mit einer Pleitenserie begann. Der Hauptgrund dafür ist schnell gefunden: Knapp 60 Millionen Euro Gewinn in der ersten Halbserie 2011/12. Wir analysieren die Situation bei Arsenal und schauen auch, ob Lukas Podolski in das System passen würde.

Seit Jahren wartet man beim FC Arsenal auf eine Trophäe. 2005 wurde mit dem FA Cup die bis dato letzte Silberware in die Gunners-Vitrine gestellt. 2004 war Arsenal zum letzten Mal englischer Meister geworden.

Auch in dieser Saison wird kein Pokal hinzukommen. In den beiden englischen Cups ist Arsenal ausgeschieden, in der Champions League steht das Team nach dem 0:4 bei AC Mailand vor dem Aus und in der Premier League muss Arsenal nach einer Pleitenserie zu Saisonbeginn darum kämpfen, kommende Spielzeit überhaupt in der Champions League spielen zu können. Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt 1996 forderten Fans und englische Presse zwischenzeitlich sogar den Rücktritt von Coach Arsène Wenger.

Und hierhin wird womöglich Lukas Podolski wechseln, der ja bekanntlich eine Wohlfühl-Atmospäre braucht, um Erfolg zu haben? Bevor wir aber analysieren, ob das mit Podolski als Gunner funktionieren könnte, wollen wir uns die Gründe für die Trophäen-lose Zeit und auch die Fan-Wut auf Wenger beim FC Arsenal anschauen.

Die ewige Arsenal-Abwehr

Als Wenger 1996 zu Arsenal kam, setzte sich die Abwehr Arsenals aus der Verteidigung mit Torwart David Seaman (1990 - 2003 bei Arsenal, 405 Spiele), der Viererkette mit den Innenverteidigern Tony Adams (1983 - 2002, 504 Spiele), Martin Keown (1993 - 2004, 311 Spiele) oder Steve Bould (1988 - 1999, 288 Spiele) und den beiden Außenverteidigern Lee Dixon (1988 - 2002, 458 Spiele) und Nigel Winterburn (1987 - 2000, 440 Spiele) zusammen. Sechs Spieler, die es zusammen auf 87 Jahre Clubzugehörigkeit und über 2400 Spiele für den FC Arsenal brachten.

Im Mittelfeld setzte Wenger auf junge, damals unbekannte Spieler wie die Franzosen Patrick Vieira, Emmanuel Petit und den Niederländer Marc Overmars, die Wenger allesamt selber in den Club holte, rechts agierte Ray Parlour (später Freddie Ljungberg), der bereits seit einigen Jahren bei den Gunners spielte und im Angriff wurde Starstürmer Dennis Bergkamp vom blutjungen Nicolas Anelka unterstützt.

Der Arsenal-Fan war also einerseits an Konstanz und Spieler, die sich über ein Jahrzehnt ihrem Club verschrieben, gewohnt, und andererseits daran, dass Wenger es schaffte, junge Spieler zu verpflichten und daraus internationale oder gar Weltstars zu formen. 1998, 2002 und 2004 holten die Gunners so den englischen Titel, seit Wengers Amtsantritt landete das Team in der Premier League nie schlechter als auf dem vierten Rang.

Emirates Stadium als Wendepunkt

Dass sich Arsenal über die Jahre hinweg zu einem Ausbilderclub entwickelt hat, liegt im Bau und der Finanzierung des Emirates Stadiums begründet. Das alte Arsenal Stadium in Highbury war zu klein geworden und entsprach auch nicht mehr den Sicherheitsstandards und so nahm der Club den Bau einer neuen Arena in Angriff. Deren Finanzierung gestaltete sich aber schwierig, da keine öffentlichen Gelder zur Verfügung standen und Arsenal die über 560 Millionen Euro, die das Stadion letztendlich kostete, aus eigener Tasche, beziehungsweise mit der Hilfe privater Sponsoren zahlen musste.

Das durch Spielertransfers generierte Geld wurde beinahe ausschließlich in das Stadion investiert. Mit dem Transfererlös für Nicolas Anelka, der 1999 zu Real Madrid wechselte, wurde so das neue Trainingsgelände finanziert. Trotz der Reduzierung der Gehaltsstruktur des Teams und hoher Transfererlöse stand der Stadion-Bau 2003 sogar vor dem Aus und die Arbeit musste aufgrund finanzieller Schwierigkeiten gestoppt werden.  Es gelang Arsenal schließlich, das erforderliche Geld aufzubringen, aber der Cub musste nun über 25 Jahre jährlich 20 Millionen Pfund für das Stadion aufbringen, eine große Hypothek für einen Club, der in Europa in der obersten Liga mitspielen will.

Arsenal-Aderlass 2011

Vor dieser Saison war der Aderlass nun besonders groß. Mit Cesc Fabregas (FC Barcelona) und Samir Nasri (Manchester City) konnten die beiden wichtigsten Mittelfeldspieler nicht gehalten werden, zudem verließen Gael Clichy (Manchester City),  Denilson (FC Sao Paulo), Emmanuel Eboué (Galatasaray), Nicklas Bendtner (AFC Sunderland) und Armand Traoré (Queens Park Rangers) den Club, um nur die namhaftesten Abgänge zu nennen.

Dabei hatte Wenger vor, in diesem Sommer in neue Spieler zu investieren, da er glaubte, dass dies das letzte Jahr sein werde, in dem noch große Transfers möglich seien, zwei Jahre bevor das Financial Fairplay der UEFA zur Saison 2013/14 in Kraft tritt. Aber weit gefehlt, Arsenal gab eine Reihe Stammspieler ab, die kaum gleichwertig ersetzt werden konnten. So erklärt sich dann auch der Gewinn von knapp 60 Millionen Euro für das erste Halbjahr dieser Saison.

Lücke zu den absoluten Top-Clubs wird immer größer

Für Arsenal wird es immer schwieriger, seine Stars zu halten. Der Club kann finanziell nicht mit der Konkurrenz mithalten, Wenger musste einsehen, dass die Lücke größer geworden ist. Geld ist zwar wieder da, aber der Name hat gelitten und die Spieler geben anderen Clubs den Vorzug. Zudem schaut Wenger genau, ob ein Spieler ins Team und zum Club passen würde und weigert sich, überteuerte Transfers zu tätigen.

So ist auch der schwache Saisonstart zu erklären, in dem Arsenal nur einen Sieg aus den ersten fünf Spielen holte und sich in ungewohnten niederern Tabellenregionen wiederfand. Seitdem hat sich das Team aber gefunden, nach einem kleinen Rückschlag zu Beginn dieses Jahres hat sich Arsenal auf den vierten Tabellenplatz nach vorne gearbeitet und nimmt Kurs auf eine erneute Teilnahme in der Champions League.

Einen großen Anteil am Erfolg hat Stürmerstar Robin van Persie, der bis dato 31 Saisontore in allen Wettbewerben erzielt hat. Arsenal versucht, seinen letzten verbliebenen Superstar, der noch einen Vertrag bis 2013 hat, mit allen Mitteln zu halten, so sollte Sohnemann Shaqueel van Persie bereits im zarten Alter von fünf Jahren ein Gunner werden, doch Vater Robin lehnte ab, seinem Sohn gefalle es bei seinem jetzigen Club.

Lukas Podolski ein guter Gunner?

Bis 2013 läuft auch Podolskis Vertrag beim 1. FC Köln, doch beim deutschen Nationalspieler stehen die Zeichen klar auf Abschied mit dem Ziel London, genauer: dem FC Arsenal. Podolski wäre für Wenger, die Arsenal-Fans und Robin van Persie genau die richtige Neuverpflichtung: Ein international renommierter Spieler, der gut ins System passen würde und nach dem Niederländer ein zweiter torgefährlicher Spieler.

Aber auch für Podolski würde ein Wechsel zu den Gunners Sinn machen. Dort hätte er die Chance, regelmäßig in der Champions League zu spielen, hinter Van Persie wäre er nicht der ganz große Star, auf dem der Hauptdruck lastet, Tore zu erzielen. Mit Per Mertesacker hätte er einen Kollegen aus der deutschen Nationalmannschaft und mit Torwart Wojciech Szczesny könnte er polnisch sprechen, fehlt nur noch ein Spieler, mit dem er "Kölsch schwade" kann.

Zudem hätte er in der offensiven Dreierkette hinter Stoßstürmer Van Persie auf der linken Seite seinen Platz bei Arsenal eigentlich sicher, sollte er seine Form aus dieser Saison in Köln halten können. Dort probiert Wenger immer wieder neue Spieler aus, zuletzt Yossi Benayoun bei den Siegen gegen Tottenham und in Liverpool.

Arsenals Spiel ist dem der deutschen Nationalmannschaft, wo Podolski ja eigentlich immer seine Leistung abrufen konnte und torgefährlich war, sehr ähnlich. Das Mittelfeld wird mit schnellem Spiel überbrückt und es sollten sich für Podolski genug Chancen ergeben, seine Tore zu erzielen. Der Medien-Hype wie damals bei seinem Wechsel zum FC Bayern München sollte dieses Mal auch weniger sein, was zu seiner Wohlfühl-Atmosphäre beitragen sollte.

Henning Schulz

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