Ein Fußball-Verwöhnprogramm wird es unter dem neuen Schalke-Cheftrainer Roberto Di Matteo nicht geben. "Es ist eine gute Mannschaft, die nach vorne viel Potenzial hat, aber in der Defensive einige Probleme", sagte der Italo-Schweizer bei seiner Vorstellung in Gelsenkirchen. An der defensiven Organisation müsse er ein "bisschen arbeiten", sagte der 44-Jährige. Der FC Schalke 04 hatte tags zuvor Jens Keller und dessen Trainerteam mit sofortiger Wirkung beurlaubt.
"Ich habe viel Arbeit vor mir, um aus dieser kleinen Krise heraus zu kommen", meinte Di Matteo. "Da muss man aber auch Geduld haben, um das alles verbessern zu können." Schalke gewann in dieser Saison nur zwei der zehn Pflichtspiele, liegt auf Liga-Tabellenplatz elf und ist im DFB-Pokal gescheitert. Erste Priorität mit Beginn des Trainings unter seiner Regie am Donnerstag hat die Arbeit an einer guten Spielstruktur. "Man muss eine solide Defensive und eine gute Organisation haben, um offensiv etwas bieten zu könne", erklärte er.
Keine Catenaccio-Taktik auf Schalke
Bedenken, dass Schalke demnächst eine destruktive Catenaccio-Taktik wie der FC Chelsea beim Sieg im Finale der Champions League 2012 gegen den FC Bayern München zeigt, weist er zurück. "Das war ein einziges Spiel, in der eine gewisse Taktik benutzt wurde", sagte Di Matteo über seine damalige Strategie. "Wenn man sich die Statistik meiner Mannschaften ansieht, wird man sehen, dass sie immer viele Tore geschossen haben."
Nach seinem Debüt als Coach beim Zweitligisten Milton Keynes Dons wechselte er zu West Bromwich Albion, mit dem er in die englische Premier League aufstieg. Danach ging er erst als Assistent zu Chelsea, wurde 2012 Cheftrainer - und kurz nach dem Triumph in der Champions League bei den Blues entlassen.
"Das Motto ist das Team"
Kann Di Matteo die Anforderungen im fußballverrückten Gelsenkirchen erfüllen? Der bis Juni 2017 verpflichtete neue Hoffnungsträger soll nicht nur für sportliche Konstanz und Erfolg sorgen, sondern muss auch das Betriebsklima im Revierkader verbessern. "Das Motto ist das Team", betonte der frühere italienische Nationalspieler und verlangt Disziplin: "Es gibt nur einen Boss in der Kabine. Alle müssen begreifen, dass es nur um das Team geht und individuelle Ansprüche hinten anstellen."
Keine Illusionen macht sich Di Matteo, dass er auf Schalke, wo es traditionell immer turbulent zugeht und der Trainerverschleiß sehr hoch war, zum neuen Ruhestifter wird. "Das hat in 100 Jahren niemand jemals geschafft", sagte er. "Man muss kooperativ sein und gut damit umgehen."
Mehr noch: Man muss Erfolg haben! Bis zu seiner Premiere in der Bundesliga und auf der Schalker Trainerbank am 18. Oktober im Heimspiel gegen Hertha BSC soll hart daran gearbeitet werden. "Die Zielsetzung des Vereins ist nach wie vor die Qualifikation für die Champions League", erklärte Di Matteo. Um sich über die Schalker Mannschaft zu erkundigen, will er mit seinem Vorgänger Keller keinen Kontakt aufnehmen. Dagegen habe er bei Bundestrainer Joachim Löw "und auch bei anderen Kollegen Informationen eingeholt".
Auch der Mannschaftsarzt muss gehen
Der Club nutzt den Trainerwechsel indes zur ganz großen personellen Zäsur. Nach Cheftrainer Keller, seinem Assistenten Peter Herrmann und Torwartcoach Holger Gehrke ist nun auch Mannschaftsarzt Thorsten Rarreck von seinen Aufgaben entbunden worden. Das teilte Manager Horst Heldt nach der Vorstellung Di Matteos.
Der 49-jährige Orthopäde Rarreck war mit einer Unterbrechung von drei Jahren seit 1997 für die medizinische Abteilung der Gelsenkirchener tätig beziehungsweise verantwortlich. Di Matteo wird in den nächsten Tagen ein neuer Teamarzt zur Seite gestellt. Wer das sein wird, ist noch nicht bekannt. Aus dem bisherigen Trainerteam wird nur Assistent Sven Hübscher weiter beschäftigt.