170 Tage nach dem denkwürdigen WM-Finale saßen die Hauptdarsteller von Yokohama wieder nebeneinander - und wieder hatte Ronaldo die Nase vor Oliver Kahn. Der Kapitän der deutschen Fußball- Nationalmannschaft musste sich am Dienstagabend bei der Wahl zum Fußballer des Jahres wie schon bei der 0:2-Niederlage im WM-Endspiel dem brasilianischen Stürmerstar geschlagen geben. Bei der vom Fußball-Weltverband FIFA durchgeführten Abstimmung unter 148 Nationaltrainern setzte sich Ronaldo mit 387 Punkten deutlich vor Kahn (171) und dem Franzosen Zinedine Zidane (148) durch. Auch bei den Frauen gab es für das deutsche Aushängeschild Birgit Prinz einen zweiten Rang. Mit 96 Punkten lag sie beim Votum der 77 Trainer deutlich hinter US-Superstar Mia Hamm (161).
»Torhüter des Jahres«
Für Kahn kam das schon seit einer Woche kursierende Abstimmungsresultat nicht mehr überraschend. Der Keeper des FC Bayern schaffte als als erster Torhüter überhaupt bei der seit 1991 durchgeführten Wahl den Sprung unter die ersten Drei. Als Trostpflaster blieb ihm bei der abendlichen Spieler-Gala im »Palacio de Congresos« in Madrid die Ehrung zum besten Spieler der WM - vor Ronaldo. Zudem wurde er mit der Jaschin-Trophäe als »Torhüter des Jahres« geehrt.
Kahn will bei Bayern bleiben
»Bei uns in Deutschland tut sich etwas Großes. Ich denke, wir haben noch einmal die Möglichkeit, ein WM-Finale zu spielen, und vielleicht bin ich dann auf der Seite des Siegers«, hatte Kahn zuvor bei der Pressekonferenz eine gewagte Kampfansage an Ronaldo formuliert. Zu diesem Zeitpunkt hielt die FIFA das Resultat zwar noch unter dem Tisch, doch es war längst kein Geheimnis mehr. Kahn nutzte das Podium für weitere bemerkenswerte Sätze. »Ich spiele schon beim besten Verein der Welt und habe deshalb keine Tendenz, den Verein zu wechseln«, sagte er auf die Frage, ob er nicht gerne zusammen mit Zidane und Ronaldo bei Real Madrid spielen würde.
Völler: Zidane auf Platz eins
Selbst im eigenen Lager konnte Kahn keine wirklichen Fürsprecher als Weltfußballer finden. »Ich hätte es ihm gegönnt, dass er es packt«, sagte Teamchef Rudi Völler. »Er ist der weltbeste Torhüter, aber er steht eben im Tor. Bei Ronaldo und Zinedine Zidane sieht alles spektakulärer aus.« Völler, der keinen deutschen Spieler wählen durfte, hatte Zidane auf Platz eins gesetzt, vor Lucio und Ronaldinho. Noch deutlicher wurde DFB-Präsident Gerhard Mayer- Vorfelder: »Ich halte die Unterscheidung zwischen Torwart des Jahres und Fußballer des Jahres für richtig. Oliver Kahn ist der Torwart des Jahres, aber ein Feldspieler hat eine ganz andere Darstellung.«
Immerhin 16 Nationaltrainer, fast ausnahmslos von Fußball-Exoten, hatten Kahn auf Platz eins gesetzt, hinzu kamen 24 Zweite und 19 dritte Plätze. Michael Ballack wurde als zweitbester deutscher Spieler insgesamt Siebter mit 82 Punkten.
»Silberner Schuh« für Miro Klose
Zu Ehren kam in Madrid auch Miroslav Klose. Der Stürmer des 1. FC Kaiserslautern wurde für seine fünf WM-Tore (plus eine Vorlage) wie auch der Brasilianer Rivaldo mit dem »Silbernen Schuh« ausgezeichnet. Die Gold-Fassung ging auch in diesem Wettbewerb an Ronaldo, der bei der Weltmeisterschaft acht Mal erfolgreich war.
Zugleich wurde Ronaldo mit der »Selecao« zur Mannschaft des Jahres gekürt, die Trophäe für den Aufsteiger des Jahres ging an Überraschungs-Viertelfinalist Senegal. Den »Fair Play Award« erhielten symbolisch die Fans aus Japan und Südkorea für ihre Gastfreundschaft bei der WM. Südkorea wurde außerdem zum unterhaltsamsten WM-Teilnehmer gekürt, als fairste WM-Mannschaft wurde Belgien ausgezeichnet.
Oliver Hartmann, dpa