Die Generalsekretäre der vom Wettskandal betroffenen neun Verbände berieten in der Zentrale der Europäischen Fußball-Union (UEFA) in Nyon in aller Ruhe ein erstes Maßnahmenpaket, in Deutschland brach dagegen wegen einer Äußerung von DFB-Präsident Theo Zwanziger große Hektik aus. Beim Ligaverband herrschte Irritation über eine Aussage von Zwanziger, der eingeräumt hatte, schon "seit Monaten" über den europäischen Wettskandal informiert gewesen zu sein.
"Wir waren sehr verwundert, als wir die Zitate von Dr. Zwanziger gelesen haben - und haben daraufhin den direkten Kontakt gesucht. Der DFB-Präsident hat mir gegenüber in einem Telefongespräch erklärt, dass er seine Äußerungen in Sport Bild so getätigt und autorisiert habe. Ihm sei jedoch erst später bewusst geworden, dass er sich geirrt habe", sagte Liga-Präsident Reinhard Rauball am Mittwoch.
Laut des 62 Jahre alten Juristen Rauball habe Zwanziger erklärt, "er sei allgemein über Gerüchte in Bezug auf Spielmanipulationen im europäischen Raum von der UEFA informiert worden, nicht aber über die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft Bochum und Verdachtsmomente in Deutschland. Wir nehmen dies zur Kenntnis. Der Ligaverband hat bis jetzt keine weitergehenden Informationen als die Öffentlichkeit."
Zwanziger hatte Sport Bild gesagt, dass ihn der größte Manipulationsskandal in der Geschichte des europäischen Fußballs nicht kalt erwischt habe: "Nein, mich hat das nicht überrascht. Ich war als Mitglied des UEFA-Exekutiv-Komitees inoffiziell schon seit Monaten über die Tatsache informiert, dass es sehr konkrete Ermittlungen und eine enge Zusammenarbeit zwischen der Staatsanwaltschaft Bochum und der UEFA gibt."
In diese Richtung hatte sich der DFB-Boss auch schon am vergangenen Samstag beim Deutschen Turntag in Koblenz geäußert, ohne dabei aber die Bochumer Staatsanwaltschaft miteinzubeziehen. Die Aussagen des 64-Jährigen sollen sich alleine auf die Tatsache bezogen haben, dass bereits im Sommer bekannt geworden war, dass rund 40 Spiele in ganz Europa unter Manipulationsverdacht stehen.
Abseits der Unstimmigkeiten mit dem Ligaverband forderte Zwanziger, in Manipulationen verwickelte Schiedsrichter lebenslang aus dem Fußball zu verbannen. "Sollte ein Schiedsrichter verwickelt sein, kann es für ihn nur eine lebenslange Strafe geben, denn ihm wird man nie mehr vertrauen können", sagte der DFB-Präsident. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte zuletzt berichtet, dass auch ein Schiedsrichter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in den Wettskandal verwickelt sein soll.
Die Sanktionen für die in die Betrügereien verstrickten Spieler sollen dagegen an der Schwere der Schuld bemessen werden. "Ein Spieler, der Spielmanipulationen in Zusammenarbeit mit der Wettmafia praktisch als Geschäft betrieben hat, muss natürlich härter bestraft werden als ein Spieler, der einmal 2000 Euro kassiert hat, und dies jetzt glaubwürdig bedauert", äußerte Zwanziger.
Bislang hat im Manipulationsskandal zumindest in Deutschland aber kein Spieler oder Schiedsrichter ein Geständnis abgelegt. Auch beim Regionalligisten SC Verl nicht. Nach Angaben von Vereinsboss Peter Mankartz hat kein Spieler des Vereins eine Beteiligung am Wettskandal eingeräumt. "Es gibt keine Geständnisse. Wir haben bislang nur die Erkenntnis, dass sich einige Spieler nicht korrekt verhalten haben sollen", sagte Mankartz dem SID. Zwei Spieler stehen aber offenbar weiterhin unter Tatverdacht.
Am Dienstag hatten die Verler die Spieler Patrick Neumann und Tim Hagedorn suspendiert. Über weitere Einzelheiten sei Stillschweigen vereinbart worden, "um die weiteren Ermittlungen nicht zu gefährden". Der SC Verl distanzierte sich von "diesen kriminellen Handlungen" und stellte sich vor diejenigen Akteure in seinem Spielerkader, "die nicht an diesen Manipulationen beteiligt sind".
Unabhängig von den Verwicklungen aktueller Spieler und Referees forderte Zwanziger mit Nachdruck eine Öffnung des Marktes für private Wettanbieter: "Der Staat muss den Wettmarkt liberalisieren und private Anbieter zulassen, die dann unter strenger staatlicher Kontrolle stehen. Durch das Monopol der staatlichen Sportwette Oddset und das Verbot privater Anbieter werden die Zocker auf den illegalen Wettmarkt getrieben. Die Fans können erwarten, dass ein Spiel stattfindet, bei dem nicht vorher feststeht, wie es ausgeht."