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WM alle zwei Jahre Wie sich Fifa-Boss Infantino mit absurden Aussagen zu Afrika selbst ins Abseits stellt

Fifa-Boss Gianni Infantino schaut über seine Schulter - neben ihm das Fifa-Logo
Durch die WM im Zweijahresrhythmus "den Afrikanern Möglichkeiten und Würde geben": Fifa-Boss Gianni Infantino
© Pradeep Pambarage / DPA
Stoppt es die Flüchtlingswelle aus Afrika, die Fußball-WM alle zwei Jahre auszutragen? Fifa-Boss Gianni Infantino scheint das zu glauben. Wie absurd seine Äußerungen sind, merkte der oberste Fußball-Funktionär schnell selbst.

Letztlich wollte er es dann doch nicht gewesen sein. Nur wenige Stunden, nachdem Fifa-Präsident Gianni Infantino eine künftige häufigere Ausrichtung der Fußball-WM mit Not und Armut in Afrika in Verbindung gesetzt hatte, ließ der mächtige Funktionär über den Weltverband ausrichten, das habe er gar nicht so gemeint. Vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg hatte er zuvor über die Zukunft des weltweiten Fußballs referiert. "Wir müssen den Afrikanern Hoffnung geben, dass sie nicht über das Mittelmeer kommen müssen, um hier vielleicht ein besseres Leben vorzufinden – aber wahrscheinlich den Tod im Meer. Wir müssen ihnen Möglichkeiten und Würde geben", hatte 51-jährige Schweizer gesagt. Wohl nie zuvor war das Weltfußballturnier und die vermeintliche Kraft des weltweit beliebtesten Sports so hoch gehängt worden.

Absurd hoch, wie wohl auch Infantino doch noch erkannte. Andererseits hatte er auf diese Weise sein Projekt einer WM im Zweijahrsrhythmus wieder einmal kompromisslos und vehement vertreten. Begriffe wie "Hoffnung", "Emotionen" oder "Träume" prägen die Vorträge Infantinos, der im Werben für die Dauerfußball-WM immer mehr in die Rolle des Samariters schlüpft. Den Reichen nehmen, den Armen schenken: So begründet der Fifa-Boss gerne sein Vorhaben, mit dem das wichtigste Fußballturnier künftig doppelt so häufig stattfinden soll wie bislang. Doch diesmal hat Infantino offenbar doch etwas zu hoch gegriffen – und deshalb kolportieren lassen: "Dies war eine allgemeine Bemerkung, die sich nicht direkt auf die Möglichkeit bezog, alle zwei Jahre eine Fifa-WM auszutragen." Seine Aussagen seien "aus dem Kontext gerissen" und "missinterpretiert" worden.

Fußball-WM alle zwei Jahre: Nein aus Europa und Südamerika steht

Infantinos Einsatz für die vor allem von Europa und Südamerika massiv abgelehnte Fußball-Revolution ist inzwischen enorm. Der Schweizer riskiert viel. Wird die Reform abgeschmettert – und Infantino bekommt auch sonst kein Zugeständnis von den resistenten Streitpartnern um Uefa-Boss Aleksander Ceferin – ist das mehr als nur ein Gesichtsverlust.

Ceferin stellte unabhängig von den Aussagen über Afrika erneut klar, dass die WM alle zwei Jahre für ihn und seinen Verband keine Option darstelle. Der europäische Fußball stehe "fest" hinter einem solidarischen Modell, das auch vom Europarat unterstützt wird. Die jüngste Resolution lasse keinen Interpretationsspielraum zu. "Sie enthält ein klares Nein zu egoistischen Superligen und ein klares Nein zu extravaganten WM-Vorschlägen, hingegen ein kategorisches Ja zur Zusammenarbeit im Hinblick auf den Schutz und die Stärkung unseres Modells, das im Interesse des europäischen Fußballs und der europäischen Gesellschaft ist", wurde Ceferin am Donnerstag zitiert.

Gianni Infantino: Ohne die Superstars hat sein Projekt keinen Wert

Die Uefa ist im Kern dafür, den Rahmenterminkalender so zu belassen wie er ist. Das liegt natürlich auch an Eigeninteressen: Wird die WM, das zweifellos bedeutendste aller Fußballturniere, im zweijährigen Rhythmus gespielt, verlieren auch die Uefa-Wettbewerbe an Bedeutung und Stellenwert. Europas Spitzenverband treibt stattdessen eigene Projekte voran. So wird am 1. Juni 2022 erstmals eine sogenannte Finalissima ausgetragen: Südamerika-Meister Argentinien trifft in London auf Europameister Italien.

Auch eine Ausweitung der 2018 erstmals ausgespielten Nations League mit den zehn Teams aus Südamerika ist eine Option. Solange Europa und Südamerika geschlossen zusammenarbeiten, dürfte es für Infantino schwer werden, sein Herzensprojekt durchzudrücken. Denn klar ist auch: Ohne die Spitzenteams von diesen beiden Kontinenten würden nicht nur alle Weltmeister der Geschichte fehlen, sondern auch der sportliche Wert. Die Uefa und der südamerikanische Verband Conmebol haben ihre Zusammenarbeit jüngst bis 30. Juni 2028 verlängert.

dho / Patrick Reichardt und Jan Mies DPA

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