Das Finale am 09.07.2006 ! 32 Teams haben in den letzten Wochen versucht diesen Termin zu erreichen. Es schafften zwei Mannschaften aus dem erweiterten Favoritenkreis, Italien, Weltmeister von 1982, das in den Spielen bis ins Finale eine Defensivstärke an den Tag legte, wie ich es ganz selten gesehen habe. Überragender Mann der Squadra Azzura war in allen Spielen Fabio Cannavaro, der für mich beste Abwehrspieler dieses Turniers.
Auf der anderen Seite stand der Weltmeister von 1998 Frankreich, der nur sehr schwer ins Turnier gefunden hatte, mit einem Zinedine Zidane, der insbesondere in den K.O.-Spielen zu alter Stärke zurückfand und "Les bleus" auch mit seinen Vorlagen und Toren in das Finale von Berlin führte. Alle Experten erwarteten zunächst einen vorsichtigen Beginn der beiden erfahrenen Teams, doch es kam ganz anders.
Teams waren über Elfmeterschießen froh
Es ging sofort in die Vollen und nach einem Foulelfmeter führte Frankreich sehr schnell 1:0 durch eben diesen Zidane. Doch die Italiener schlugen schnell zurück und ihnen gelang noch vor der Pause der Ausgleich. Je länger das Spiel dauerte desto mehr konzentrierten sich beide Teams auf ihre perfekt funktionierende Defensive. Ich weiß es aus eigener Erfahrung, die Psyche einer Mannschaft geht in der Regel dahin, dass sie Angst hat etwas zu verlieren. Man spielt immer defensiver, bis sich beide Teams am Ende im Mittelfeld neutralisieren. Genauso kam es und ich hatte das Gefühl, dass beide Teams am Ende froh waren, dass Schluss war und die Elfmeter zur Entscheidung führen mussten.
Die beiden Endspielteilnehmer der Europameisterschaft von 2000 trieben es mit den Nerven auf die Spitze. Damals entschied das Golden Goal von David Trezeguet in der Verlängerung das Spiel zugunsten der Franzosen. Diesmal kam es durch den gleichen Spieler anders. Trezeguet schoss den Ball unter die Latte, von der der goldene Endspielball nicht hinter die Linie prallte, sondern Zentimeter davor aufsprang. Zu dem Zeitpunkt hatte sich Zinedine Zidane bereits nach einem völlig unverständlichen Kopfstoß an Italiens Torschützen Matterazzi mit roter Karte in die Kabine verabschiedet.
"Was machen Strunz?"
Thomas Strunz ist ehemaliger Fußballspieler und Manager. Er spielte als Mittelfeldspieler in Duisburg, Stuttgart und München. Strunz wurde u.a. fünfmal Meister und gewann einmal die Champions League. 1996 der größte Erfolg: Mit Kumpel Jürgen Klinsmann wurde er Europameister. Für stern.de kommentiert der Experte regelmäßig das WM-Geschehen.
Riesenrespekt vor dieser Leistung
Am Ende triumphierte mit Italien ein würdiger Weltmeister. In der Heimat von Skandalen erschüttert, wuchs die Mannschaft über sich hinaus und präsentierte sich als verschworene Einheit. Bezeichnend, dass nicht die Offensivkräfte Totti, Toni oder Del Piero herausragten und entscheidende Dinge machten. Nein, ein linker Verteidiger mit Namen Grosso ist der neue Volksheld Italiens. Den Elfmeter herausgeholt in der K.O.-Runde gegen Australien, Torschütze zum 1:0 in der 118. Minute im Halbfinale gegen Deutschland und im Finale den letzten Elfmeter verwandelt.
Dies zeigt auch die Tendenz dieser WM. Nicht die Individualisten obsiegten gegen die Teamplayer, sondern umgekehrt. Es gab aus meiner Sicht keinen alles überragenden Spieler, doch es gab viele die auf ihren Positionen für ihre Teams Weltklasseleistungen gezeigt haben. Dazu gehören im Tor Lehmann und Buffon, in der Abwehr Cannavaro und Zambrotta aus Italien, der Argentinier Ayala und auch unser Philipp Lahm waren herausragend. Im Mittelfeld gefiel mir besonders Essien aus Ghana, Zidane bis zu seinem Ausraster im Finale und die beiden Argentinier Riquelme und Maxi Rodriguez, der gegen Mexiko im Achtelfinale das vielleicht schönste WM-Tor erzielte. Im Sturm waren unsere beiden Stürmer Klose und Podolski gemeinsam mit den Spaniern Fernando Torres und David Villa die besten Akteure.
Trainer des Turniers sind für mich Lippi aus Italien, der es schaffte einen verunsicherte Mannschaft zu einer Einheit zusammen zu schweißen und Jürgen Klinsmann, der uns gezeigt hat, was mit diesem Land möglich ist, wenn ich an ein hohes Ziel glaube. Riesenrespekt vor dieser Leistung. Wir haben eine wunderbare Weltmeisterschaft gesehen, waren hervorragende Gastgeber und hatten wirklich "Die Welt zu Gast bei Freunden". Jetzt atmen wir durch und freuen uns auf die bald beginnende Bundesliga-Saison. Hoffentlich kann sie die Euphorie, die unser Team entfacht hat mitnehmen. Dann gibt es auch wieder Hoffnung auf die Rückkehr in die Weltspitze des internationalen Klubfußballs. Das muss jetzt der nächste Schritt sein.