Ein erschöpfter Michael Ballack stemmt den WM-Pokal in den Berliner Nachthimmel. Das hätte ich mir gewünscht als letztes Bild für meinen Film. Wie wir wissen, kam es anders. Die Deutschen schieden im Halbfinale gegen Italien aus. Trotzdem: Diese Weltmeisterschaft war eine schöne Geschichte. Wie für einen Film geschrieben. Die Mannschaft spielte begeisternd, zeigte in der Niederlage Größe, und es gab doch ein Happy End: Nach dem Sieg über Portugal wurde sie wie ein Champion gefeiert. Riesenparty am Brandenburger Tor. Eine Million Menschen. Dann kommt noch Xavier Naidoo auf die Bühne und singt das Lied, das die Jungs immer in der Kabine gehört haben: "Dieser Weg". Das hätte kein Drehbuchautor besser erfunden.
Ich durfte so nah an die Jungs ran wie nur Trainer und Betreuer: in die Kabine, ins Hotel, auf die Auswechselbank. Bevor ich vor einem Jahr zur Mannschaft stieß, hatte ich wie jeder Fan ein Bild von ihnen aus Zeitungen und Fernsehen. Auch die Vorurteile. Als vor dem Start des Projekts alle zustimmen mussten, hatte ich am meisten Bedenken, dass Oliver Kahn dagegen ist. Schließlich musste ich auch ihn fragen. Was war die Antwort? "Super, müssen wir unbedingt machen."
Hier hatte ich nicht die Kontrolle, ich war Beobachter. Während ich als Spielfilmregisseur lenken kann, blieb mir jetzt nichts anderes, als zu reagieren. Wenn man Wochen miteinander unterwegs ist, entwickelt man einen Instinkt. Auch dass es wichtig ist, die Jungs mal in Ruhe zu lassen. Beim Essen filmte ich nie, da kann man nur schlecht aussehen. Ich drehte pro Tag nur drei Stunden. Für die Interviews im Film wollte ich die Spieler im möglichst intimen Umfeld sprechen. Sie spürten, dass das hier etwas anderes ist als ein normales Interview. Ich glaube, sie hatten Lust auf eine Unverfälschtheit. Die Gespräche fanden meistens vor oder nach dem Mittagessen statt, die Anfragen liefen immer gleich ab: "Interview? Ja, klar, gerne. Wo denn?" "Bei dir auf dem Zimmer im Bett". "Wie? Okay. Muss ich aufräumen?" "Nein, bloß nicht!"
Natürlich sucht man sich als Regisseur Hauptfiguren, was bei so einer homogenen Gemeinschaft schwierig ist. Eine gab es doch: Jürgen Klinsmann. Allein die Momente kurz vor den Spielen. Ich hielt oft direkt auf sein Gesicht. Diese Vorfreude, dieses Richtig-scharf-darauf-Sein. Andere hätten einfach nur Angst, so wie ich vor jedem ersten Drehtag. Beeindruckend, aber auch da musste ich Profi sein und mich aufs Drehen konzentrieren. Ich hatte nur eine Kamera, einzig bei Außenszenen filmte mein Kollege Frank Griebe mit. So stand ich da, nahm nur die Information auf und ließ mich nicht reinziehen. Erst jetzt, wo ich die Bilder sehe, kommt sie dann doch, die Gänsehaut.