Joshua Kimmich war schneller als Julian Nagelsmann. Der Weg des DFB-Kapitäns führte wie der des Bundestrainers direkt zu Nadiem Amiri. Auch der Bundestrainer nahm den Torschützen nach dem Abpfiff in Köln im Mittelkreis herzlich in den Arm. Kimmich hatte Amiri im Überschwang der großen Erleichterung sogar in die Luft gehoben.
"Er kam rein und hatte einfach Bock. Er hat sich zerrissen, hatte viele gute Aktionen im Gegenpressing. Er hatte auch Lust, ein Tor zu schießen", hob Nagelsmann zu einer verbalen Lobpreisung des Jokers an. Amiri sei "immer auf dem Gaspedal", manchmal sogar zu viel im Beschleunigungsmodus. Sein Tempo, seine Leichtigkeit taten der Fußball-Nationalmannschaft gut.
Als gegen Nordirland die nächste Schmach in der WM-Qualifikation drohte, war der 28-Jährige zur Stelle und stellte die Weichen zum 3:1-Sieg. "Hätte es mir jemand vorher gesagt, dass es sich so gut anfühlt, dann hätte ich es vielleicht öfter probiert", scherzte Amiri gut gelaunt am TV-Mikrofon.
Der Mainzer war aber nicht der einzige Schattenmann, der Nagelsmann nach dem dramatisch schlechten Start in die WM-Saison mit dem 0:2 in der Slowakei und 60 überwiegend schwierigen Minuten gegen Nordirland Grund zur Erleichterung gab.
Auch der mit Amiri nach einer Stunde eingewechselte Dortmunder Maximilian Beier, erst am Donnerstag für den erneut verletzten Niclas Füllkrug nachnominiert, sorgte für Schwung. Und der Stuttgarter Jamie Leweling bearbeitete die rechte Seite so, wie es sich der Bundestrainer wünscht.
Amiri, Beier, Leweling. Sie haben zusammen erst 17 Länderspiele. Sie waren nicht die Namen, die Experten und vermutlich auch Nagelsmann selbst auf dem Zettel hatten, als es um mögliche Gewinner der ersten Länderspiel-Phase auf dem Weg zur WM 2026 in Amerika ging.
Jetzt hat das Trio plötzlich eine Bedeutung. In Abwesenheit der lange verletzten Offensiv-Größen Jamal Musiala und Kai Havertz werden sie zu einem Faktor. Wann und ob Stoßstürmer Füllkrug zurückkommt, ist ungewiss. Als Platzhalter kann das Trio dafür sorgen, dass das WM-Ticket doch bis November direkt als Gruppensieger gelöst wird. Und Musiala und Havertz im März 2026 nach ihrer Genesung keine kniffligen K.-o.-Spiele in den Playoffs spielen müssen.
Rückennummern mit Symbolkraft
Die Symbolkraft in Köln war eindeutig. Amiri trug die Rückennummer 10 von Musiala. Leweling die 7 von Havertz. Und Beier übernahm die 9 von Füllkrug, obwohl er ein anderer Spielertyp ist.
Mit Amiri verbindet Nagelsmann eine lange Geschichte. Er holte ihn als Jugendspieler einst nach Hoffenheim. Begleitete seine ersten Schritte im Profifußball. Er machte ihn im März nach längerer Abwesenheit wieder zum Nationalspieler. Nagelsmann betonte damals schon den besonderen Karriereweg des Offensivspielers, der Rückschläge wie die Reservistenzeit bei Bayer Leverkusen wegsteckte.
Eine "tragende Rolle" spiele er nun in Mainz. Solche Geschichten mag Nagelsmann. Eine solche Geschichte erzählte auch David Raum, der daran erinnerte, wie er mit Leweling einst mit der kleinen SpVgg Greuther Fürth in die Bundesliga aufstieg. "Der Junge hat schon früher viel gearbeitet. Der war da schon fleißig. Der soll weiter so Gas geben", sagte Raum. Dem Bundestrainer sprach er damit aus dem Herzen.