Eine Entscheidung am Grünen Tisch hat den goldenen Samstag für die deutsche Olympia-Mannschaft in Athen arg getrübt. Am achten Wettkampftag der Spiele durchlebte das Team ein historisches Wechselbad der Gefühle. Während Bahnrad-Sprinter, Dressur-Equipe, Ruderin Katrin Rutschow-Stomporowski und Pistolenschütze Ralf Schumann ihre Olympiasiege bejubelten, herrschte bei den Vielseitigkeitsreitern blankes Entsetzen.
Drei Tage nach dem Gewinn der Goldmedaillen in der Mannschaft und durch Bettina Hoy im Einzel gab der Internationale Sportgerichtshof (CAS) dem Protest der Teams aus Frankreich, Großbritannien und den USA gegen die Wertung des Ergebnisses statt und erkannte der deutschen Equipe die Siege ab. Die Enttäuschung über das verlorene Gold war riesengroß. Durch das Urteil fiel die deutsche Equipe im Team-Wettbewerb auf Platz vier zurück. Hoy, die im Einzel auf Rang neun abrutschte, hatte das juristische Tauziehen ausgelöst, weil sie bei ihrem Ritt am Mittwoch zwei Mal die Startlinie überquert hatte.
"Fürchterliche Entscheidung"
Die Entscheidung hat im deutschen Team Erbitterung ausgelöst und ist auf scharfe Kritik gestoßen. «Ich halte das für eine fürchterliche Entscheidung. Aber ich kann sie nicht ändern. Wir müssen sie akzeptieren», sagte Jürgen Thumann als Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Der Chef de Mission der deutschen Reiter, Reinhard Wendt, klagte: «Das ist für unsere Reiter mehr als eine Katastrophe.» Die Aberkennung der beiden Goldmedaillen bedeutet auch einen großen Rückschlag für die deutsche Olympia- Mannschaft in Athen, die mit zwei Goldmedaillen weniger aus der Spitzengruppe zurückgefallen ist.
Formelle, keine inhaltliche Entscheidung
Die Entscheidung am Grünen Tisch ist deshalb so umstritten, weil sie in enger Auslegung von Paragrafen gefallen ist. Dies wird auch durch die offizielle Stellungnahme des beklagten Reiter-Weltverbandes deutlich. «Wir akzeptieren das Urteil. Unsere Entscheidung beruhte auf dem Fair-Play-Gedanken und war im besten Interesse des Sports, auch wenn unterschiedliche Regelauffassungen bestehen.»
Die Ground Jury hatte eine zweimalige Überquerung der Startlinie durch Bettina Hoy beim letzten Ritt der Mannschaftsentscheidung mit einer Strafe von 14 Punkten belegt. Diese war dann von der Berufungskommission aufgehoben worden, so dass Bettina Hoy auch in der Einzelwertung den ersten Platz erringen konnte. Durch das CAS- Urteil belegt Hoy den neunten Platz, das Team mit Klimke, Hinrich Romeike, Andreas Dibowski und Frank Ostholt nur noch den medaillenlosen vierten Rang.
Ansonsten befanden sich die deutschen Athleten am Samstag im Medaillenrausch.
Dressur-Reiter wieder Gold
Die deutschen Dressurreiter setzten ihr Gold-Abonnement bei Olympia fort. Ulla Salzgeber, die auch in der Einzelwertung auf Goldkurs liegt, Martin Schaudt, Heike Kemmer und Hubertus Schmidt feierten den elften Olympiasieg einer deutschen Mannschaft.
Schumann und Bahn-Sprinter Olympiasieger
Ralf Schumann gewann zum dritten Mal nach 1992 und 1996 den olympischen Wettbewerb mit der Schnellfeuerpistole. Olympiasieger wurde auch das Radsprint-Team mit Jens Fiedler, Stefan Nimke und Rene Wolff.
Gold für Berliner Ruderin
Auch die ersten Trümpfe der Ruderer stachen. Katrin Rutschow- Stomporowski deklassierte auf dem See von Schinias die Konkurrenz und sicherte sich Gold im Einer. Britta Oppelt und Peggy Waleska mussten sich im Doppelzweier nur dem favorisierten Boot aus Neuseeland geschlagen geben. Für Schwimm-Silber sorgte die 4 x 100 m- Lagenstaffel der Männer in der Europarekord-Zeit von 3:33,62 Minuten. Jeweils Bronze eroberten das Lagen-Quartett der Frauen, das in 4:00,72 Minuten auch eine kontinentale Bestmarke setzte, und Trampolin-Turner Henrik Stehlik.
Nach 132 von 301 Entscheidungen belegt die deutsche Mannschaft mit je sieben Mal Gold und Silber sowie elf Mal Bronze Platz sechs der Medaillenwertung. Damit liegt das Team deutlich besser im Rennen als zum gleichen Zeitpunkt vor vier Jahren in Sydney (4/6/12). Das Team der USA (19/15/12) behauptete die Spitze vor China (18/13/10).
Mit Weltrekorden sorgten die US-Lagenstaffeln für die Glanzpunkte am letzten Tag der Schwimm-Wettbewerbe. Auch ohne Final-Teilnahme avancierte Michael Phelps mit sechs Mal Gold und zwei Mal Bronze zum erfolgreichsten Athleten in Athen.
Welt- und Europameisterin Carolina Klüft aus Schweden liegt nach sechs von sieben Disziplinen des Siebenkampfes klar auf Goldkurs. Sonja Kesselschläger belegt Platz sechs. In den Zwischenläufen über 100 m glänzten gleich fünf Sprinter mit Zeiten unter zehn Sekunden. Schnellster war Shawn Crawford (USA/9,89). Der fünfmalige Weltmeister Lars Riedel erreichte das Finale im Diskuswerfen, Ingo Schultz schied im Halbfinale über 400 m aus.
Die nächste Enttäuschung für die deutschen Fechter lieferten die Florett-Herren. Ralf Bißdorf, Weltmeister Peter Joppich und Andre Weßels beendeten das Turnier auf Rang sechs. Gold gewann Italien. Die Wasserballer feierten mit dem 11:5 gegen Spanien ihren dritten Sieg und stehen dicht vor dem Einzug ins Viertelfinale. Mit Christoph Dieckmann/Andreas Scheuerpflug erreichte das erste deutsche Beachvolleyball-Duo das Viertelfinale.