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Ertls Olympia-Tagebuch Der Geist von Daehlie beflügelt die Norweger

Die Siege der Norweger bei den Olympischen Spielen in Vancouver haben einen nationalen Rausch in der Heimat initiiert. stern.de-Expertin Martina Ertl über die Wikinger Northug, Svendsen, Svindal und Co.

Björn Daehlie war der erfolgreichste Wintersportler in der Geschichte der olympischen Winterspiele. Der Norweger holte bei den Spielen in Albertville, Lillehammer und Nagano sage und schreibe acht Gold- und vier Silbermedaillen – eine Legende des Sports, die auch durch seine Bescheidenheit und Zurückhaltung überzeugte.

Martina Ertl

Die ehemalige deutsche Weltklasse-Skirennläuferin Martina Ertl schreibt in ihrer täglichen Kolumne "Après Ski" auf stern.de direkt aus Vancouver von den Olympischen Winterspielen. Um die Jahrtausendwende gehörte Martina Ertl mehr als zehn Jahre zu den weltweit besten Athletinnen im alpinen Rennzirkus. Sie gewann drei olympische Medaillen und wurde zweimal Weltmeisterin. In den Jahren 1996 und 1998 konnte sie jeweils die Riesenslalom-Disziplinenwertung des Skiweltcups für sich entscheiden. Insgesamt gewann sie 14 Weltcuprennen in drei verschiedenen Disziplinen. In allen fünf alpinen Disziplinen erzielte sie mindestens einen Podestplatz.

In diesen Tagen weht der Geist Daehlies durch das norwegische Team, eigentlich durch das ganze Land. Die Erfolge von Northug, Svendsen, Svindal und Co. haben einen nationalen Rausch initiiert. Marit Bjöergen scheint die Schneekönigin von Vancouver zu werden. Mehr als ein Drittel des norwegischen Volkes sah am Fernsehgerät den Sieg des Biathleten Svendsen im 20-Kilometer-Lauf der Herren. Die Wikinger haben im Kampf mit Deutschland, Kanada und den USA Platz 1 der Nationenwertung im Visier und sie haben durchaus noch Trümpfe in der Hand, die stechen können. Im Langlauf mit den langen Strecken und im Ski Alpin mit den Männer-Slaloms stehen noch Entscheidungen aus, bei denen die Norweger weiter fleißig Medaillen sammeln können.

Der Erfolg ist - so sagen die Athleten dies selbst - im Teamgeist begründet. Viele Mannschaftskollegen sind privat befreundet, in Turin betätigte sich sogar Ole-Einar-Björndalen, der bei diesen Spielen bisher wider Erwarten ohne Medaille blieb, als Sponsor (!) von Emil Hegle Svendsen. In Vancouver besuchten sich die Athleten gegenseitig bei ihren Wettkämpfen. Ein anderer Aspekt ist selbstverständlich der Umstand, dass Wintersport, vor allem der nordische eine Kultur darstellt. Landschaft und Klima bringen notwendigerweise Heerscharen von Athleten hervor, der Rest ist Wahrscheinlichkeitsrechnung. In keinem anderen Land der Welt gibt es so sportbegeisterte Monarchen wie in Norwegen mit König Harald V., der am liebsten selbst die Athleten ehrt.

Auffallend sind bei Norwegern besondere Begleiter des Erfolgs, nämlich Freundlichkeit, Fairness und Bodenständigkeit. Die olympischen Medaillen werden ohne überhebliche Töne gefeiert und vor allem mit den Teamkollegen. Als Emil Hegle Svendsen seine Goldmedaille vor Wochen in der Öffentlichkeit prognostizierte, wurde er in den Medien ob dieser Anmaßung gerüffelt.

Überall spürt man diesen Geist von Daehlie, der letztlich aber auch nur ein Teil dieser Familie ist.

Viele Grüße Martina Ertl

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