Als Olympiasiegerin Lindsey Vonn in Whistler auf der Medal Plaza ihr Abfahrtsgold umgehängt wurde, sann Maria Riesch im stillen Kämmerlein auf Revanche. `Zum Glück habe ich nicht lange Zeit zum Trauern´, sagte sie nach dem enttäuschenden achten Rang bei ihrer Olympia-Premiere. Die Abfahrt abhaken, volle Konzentration auf die Super-Kombination: `Da gehe ich mit Vollgas drauf´, versicherte die Partenkirchnerin.
Zunächst hatte Riesch aber noch mit dem Debakel in der Abfahrt zu kämpfen. Rang acht war ihr schlechtesten Ergebnis in der alpinen Königsdisziplin seit einem Jahr. `Ich habe mir gesagt, wenn es nicht so läuft, dann geht die Welt nicht unter. Nun ist sie doch ein wenig untergegangen´, sagte sie im ersten Schmerz über die klar verpasste Medaille. Doch wenig später hatte die 25-Jährige schon wieder etwas Mut gefasst. `Wir fahren bei der Kombi ja gleich wieder eine Abfahrt, da will ich es besser machen. Ich bin sicher: Da geht was. Ich will ja nicht wieder wie bei der WM bis zum letzten Rennen warten, bis ich zuschlage´, sagte sie. Vor einem Jahr in Val d´Isere hatte sie nach vier Enttäuschungen zum Abschluss Slalom-Gold geholt.
In Kanada will Riesch das `Happy End´ vorverlegen. Dabei muss sie sich nur an ihren letzten Auftritt in Whistler erinnern: Bei der Olympia-Generalprobe vor zwei Jahren hatte sie die Abfahrt durch einen Sturz ebenfalls verpatzt. Zwei Tage später konterte sie mit dem Sieg in der Kombination. `Sie überrascht mich immer wieder, wie sie zurückkommt. Das kann sie wie keine andere´, sagte Frauen-Chefcoach Mathias Berthold nach Rieschs jüngster `Auferstehung´. Vor zweieinhalb Wochen in St. Moritz schied Riesch erst in der Super-Kombination aus, ehe sie tags darauf der `unbezwingbaren´ Vonn die erste Niederlage in der Abfahrt nach zuvor fünf Siegen in Folge in diesem Winter zufügte. `Maria gehört definitiv zu den Mädels, die in der Kombination um die Goldmedaille kämpfen können´, sagte Vonn deshalb anerkennend.
Beim zweiten Duell mit dem abermals aussichtsreichen US-Girl muss Riesch jedoch ihr Nervenkostüm besser ordnen. `Ich war schon sehr aufgeregt´, bekannte sie nach der Abfahrt. Ihre Anspannung wurde noch gesteigert durch die Stürze der unmittelbar vor Riesch gestarteten Marie Rolland (Frankreich) und Anja Pärson (Schweden).
`Grundsätzlich habe ich es selber verbockt. Aber es ist auch nicht einfach, wenn 20 Meter neben der Piste noch jemand behandelt wird´, sagte sie. Cheftrainer Berthold entdeckte bei Maria Riesch `Passivität´: `Maria fehlte der unbedingte Drang nach vorne. So kann man sich bei Olympia eigentlich nicht präsentieren. Ich hoffe, dass sie aufwacht.´Auch Vonns Lager registrierte Rieschs Unsicherheit. `Es hat mich überrascht, dass Maria nicht schneller war, sie muss gewaltigen Druck gehabt haben´, sagte Lindseys Ehemann Thomas. Vonn selbst hatte im Zielraum `gehofft, dass Maria nach den Stürzen nicht nervös wird, ich hätte sie gerne neben mir auf dem Podium gesehen. Aber wir haben ja noch ein paar Chancen, das nachzuholen.´