Einer für alle - alle für einen. Nach diesem Motto der Musketiere handeln die deutschen Korbjäger, die bei der 14. Basketball-Weltmeisterschaft weiter für Furore sorgen und nach wie vor ihren Medaillentraum träumen. Als ihr bisher die Kastanien aus dem Feuer holende Häuptling Dirk Nowitzki beim 84:64-Sieg über Neuseeland leicht schwächelte, ließen ihn seine Indianer nicht im Stich. Der von den zähen Ozeaniern hautnah bewachte und nicht immer mit legalem Einsatz gestoppte NBA-Star von den Dallas Mavericks erzielte zwar zusammen mit Ademola Okulaja mit 17 die meisten Punkte, benötigte aber für seine fünf Feldkörbe 16 Versuche.
Andere sind für ihn eingesprungen
»Dirk hat einfach nicht getroffen. So etwas kommt eben vor und passiert ihm nicht oft. Er wird wieder treffen. Wichtig war, dass die anderen für ihn eingesprungen sind und damit auch etwas für ihr Selbstvertrauen getan haben«, sagte Bundestrainer Henrik Dettmann nach dem erfolgreichen Zwischenrundenstart. Schon vor den Spielen gegen Argentinien und Russland hat seine Mannschaft die Basis für den Einzug in das Viertelfinale geschaffen. Was noch fehlt ist ein Sieg aus zwei Spielen.
»Berliner Schule«
Die »Wunderhelfer«, die dem »German Wunderkind« die Flügel stützten, das waren vor allem drei Spieler aus der »Berliner Schule«, die der 44-jährige Finne Dettmann an der langen Leine hält und ihrer Spielfreude freien Lauf lässt: Okulaja, Mithat Demirel und Misan Nikagbatse. Diese »drei Musketiere« fochten den Strauß mit den »Kiwis« auf elegante und spektakuläre Weise aus. »Okay, Dirk war heute nicht so gut drauf. Aber wir haben nicht zum ersten Mal bewiesen, dass es hier keine Ein-Mann-Show gibt. Wir haben fünf Spieler auf dem Feld und sieben auf der Bank«, sagte der sich in prächtiger Spiellaune präsentierende Okulaja.
Berechtigtes Eigenlob
Seine 17 Punkte, 9 Rebounds und 7 »Assists« zu Korberfolgen der Mitspieler ließen den künftig für den spanischen Spitzenclub Unicaja Malaga auf Korbjagd gehenden, 2,05-Meter großen Flügelspieler schon mal berechtigtes Eigenlob formulieren: »Wenn ich den Ball habe, weiss ich immer etwas mit ihm anzufangen. Das gilt aber für die anderen genauso.«
So zum Beispiel für den nur 1,80 Meter großen Spielmacher Mithat Demirel, der beim deutschen Meister ALBA Berlin nur wenig Einsatzzeiten bekommt, in der Nationalmannschaft aber stets zur Startformation zählt. Gegen Neuseeland gab der in Berlin geborene Sohn türkischer Eltern treffliche Kostproben seines Potenzials. In nur 15 Minuten Einsatzzeit produzierte er 14 Punkte - 12 davon mit vier Drei-Punkte-Würfen, bei fünf Versuchen.
»Das größte Talent, das wir derzeit haben«
Dass auch er mit dem orangefarbenen Lederball etwas anfangen kann, demonstrierte gegen Neuseeland der unbekümmert bis leichtsinnig agierende 20-jährige Nikagbatse - Sohn einer deutschen Mutter und eines nigerianischen Vaters. Der bisweilen zu riskanten Show-Einlagen tendierende Youngster von Olympiakos Piräus ist für Roland Geggus, den Präsidenten des Deutschen Basketball Bundes (DBB), »das größte Talent, das wir derzeit haben«.
Auch Dettmann ist dieser Ansicht, sieht aber großen Pflegebedarf bei dem noch lange nicht ausgereiften Juwel. Dettmann: »Misan hat alles, was einen sehr guten Basketballspieler ausmacht. Er hat ein angeborenes Gefühl für Basketball, das man nicht lernen kann. Aber er muss seinen Kopf behalten, dazulernen und bescheiden bleiben. Dann kann er sogar irgendwann in der NBA spielen. Denn er hat auch den gewissen Tunnelblick.«
Von Reinhard Schwarz, dpa